Am 18. Mai gedenkt Ukraine Opfer des Genozids an Krimtataren
Die Deportation der Krimtataren begann am 18. Mai 1944 um 03:00 Uhr und dauerte bis Anfang Juni, meldet Ukrinform.
Die offizielle Grundlage für die Deportation des krimtatarischen Volkes war ein geheimer Beschluss des Staatlichen Verteidigungskomitees Nr. 5859 „Über die Krimtataren“ vom 11. Mai 1944, in dem die Krimtataren wegen angeblichen Massenverrats und der Massenkollaboration während der Besetzung der Krim durch Hitlertruppen angeklagt wurden.
Laut den offiziellen Angaben (sogenannte Ziffern von Lawrentij Berija, dem von 1938 bis 1953 Chef der Geheimdienste der Sowjetunion) wurden 183.144 Krimtataren (nach Angaben der tatarischen Quellen mehr als 400.000) deportiert, ungefähr 46 Prozent der Deportierten starben während der ersten anderthalb Jahre. An der Vernichtungsoperation wurden 32.000 Mitarbeiter des Volkskommissariats für innere Angelegenheiten (NKWS) eingesetzt. Um Sachen einpacken zu können, wurden den Tataren ein paar Minuten bis einer halben Stunde eingeräumt. Erlaubt wurde mitzunehmen persönliche Dinge, Lebensmittel, Geschirr und Alltagsinventar. Der meiste Besitz war gelassen und vom Staat konfisziert worden. Die Deportieren wurden vorwiegend für spezielle Ansiedlung nach Usbekistan gebracht, ein Teil – in die Hauptverwaltung von Straf- und Arbeitslagern (GULAG) und noch ein Teil - zum speziellen Kontingent des Moskauer Kohlenbeckens.
Die Deportation war eines der Mittel der „Detatarisierung“ der Krim. Auch Kultur- und historische Denkmäler wurden vernichtet, historische Namen der Ortschaften wurden durch „Sowjetisches“, „Perwomajsk“, „Krasnogwardejsk“ usw. ersetzt. Die in Russland und anderen Republiken Geborenen besiedelten die Krim. In der Nachkriegszeit ist die Zahl der Bevölkerung auf der Krim um knapp zehn Mal gestiegen.
Stalins Politik gegenüber den Krimtataren war nichts Neues. Wie bekannt führte die Eroberung der Krim durch Russland 1783 zum Niedergang des kulturellen Lebens auf der Halbinsel: auf barbarische Weise wurden viele alte Handschriften verbrannt, viele Baudenkmäler wurden zerstört. Dann begann die erste Besiedlung der Krim durch Russen, ausländische Kolonisten und eine starke brutale Russifizierungspolitik. Als die Krim 1954 an die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik angegliedert worden war, wurde im Jahr 1956 über die Rehabilitierung der Krimtatarn aber praktisch ohne das Recht, heimzukehren, erlassen. Der Erlass wurde nicht veröffentlicht. Die massenhafte Heimkehr der Krimtataren begann erst Ende der 80-er Jahre.
Im Dezember 2015 erkannte die Werchowna Rada der Ukraine die Deportation der Krimtataren durch das sowjetische totalitäre Regime 1944 als Völkermord an und führte am 18. Mai den „Gedenktag für die Opfer des Völkermords an den Krimtataren“ ein. Anschließend wurde die Deportation der Krimtataren auch von den Parlamenten Lettlands, Litauens, Kanadas, Polens, Estlands und Tschechiens als Völkermord anerkannt.
Zur gleichen Zeit, vor 11 Jahren, besetzte die Russische Föderation die ukrainische Krim. Seitdem mussten mehr als 50.000 Krimtataren die Halbinsel verlassen, vielen von ihnen wurde von den russischen Behörden die Einreise auf die Krim untersagt.
In Kyjiw finden Gedenkveranstaltungen für die Opfer des krimtatarischen Völkermords statt.
Foto: RFE/RL