Oleksandr Gvozdyk, WBC-Boxweltmeister
Ich habe versucht, Usyk bei Sparringkämpfen nicht wütend zu machen
04.06.2019 17:36

Der WBC-Weltmeister im Halbschwergewicht (bis 79,4 kg), Oleksandr Gvozdyk, hat während seines Aufenthalts in Kyjiw die Museum-Ausstellung der Errungenschaften der Klitschko-Brüder besucht, wo er im Rahmen des Projekts Klitschko Expo „Wall of Champions“ seine Handflächenspur hinterlassen hat. Danach erzählte er in einem Interview mit dem Ukrinform-Reporter über seine Sparringkämpfe mit Usyk (der WBC-, WBO- und IBF- Weltmeisters im ersten Schwergewicht aus der Ukraine, Oleksandr Usyk – Red.), über das Leben in den USA und die Spezifität von Profiboxen als Geschäft.

Herr Oleksandr, in den Vereinigten Staaten leben Sie und Ihre Familie seit mehr als fünf Jahren. Hat das amerikanische Leben Ihre Mentalität verändert?

Ein bisschen. Ich lebe in einer kleinen Stadt Oxnard, nicht weit von Los Angeles entfernt. Hier ist es ruhig, 192 000 Einwohner, ich miete ein Haus, die Trainingshalle liegt 10 Minuten Fahrt mit dem Auto. Es gibt keine Staus. Es ist bequem.

Warum haben Sie beschlossen, in dem ruhigen Oxnard zu leben und nicht in Los Angeles, wo es einiges zu sehen gibt?

Als ich gerade in die USA flog, bereitete sich Lomachenko auf einen Kampf mit Salido vor. Die erste Etappe des Vorbereitungstrainings verbrachte Vasyl in den Bergen. Ich war dort auch, danach bin ich zu Gesprächen mit Promotorfirmen gefahren. TopRank hat das beste Angebot gemacht. Zuerst dachten wir, dass ich in Las Vegas leben werde. Aber Bob Arum (US-amerikanischer Boxpromoter) bot meinem Manager Egis Klimas Oxnard an. Es gab dort Probleme mit großen Jungs - der größte Boxer wog 63 kg. Bob sagte, dass er dieses Problem lösen wird, es würde keine Probleme mit Sparringspartnern geben.

Heute verstehe ich, dass ich die richtige Wahl getroffen habe. Es ist unmöglich, in Las Vegas im Sommer zu sein. Verrückte Hitze, es ist praktisch eine Wüste. In Oxnard ist es viel besser in dieser Hinsicht. Kühler, die Natur, wenn du willst, fährst nach Los Angeles, es ist in der Nähe.

Hat sich die Familie bereits an das amerikanische Leben angepasst?

Auf jeden Fall. Die Frau Daryna behütet die Familie. Der älteste Sohn wird im Oktober 11 Jahre alt, er geht in die normale amerikanische Schule. Als wir in die USA kamen, war Dima 6 Jahre alt. Er ging zur Schule, die ersten Monate waren schwierig. Aber die Kinder lernen alles sehr schnell. Jetzt spricht der Sohn gut Englisch und hat keine Probleme mit den Altersgenossen in der Kommunikation. Anna ist 5 Jahre alt, sie geht in den Kindergarten, sie hat auch keine Kommunikationsprobleme. Michael wurde vor drei Jahren in Oxnard geboren. Im Alter von 16 Jahren entscheidet er, ob er Michael, oder Mychajlo, wie wir ihn genannt haben, sein wird.

Das Auto für eine so große Familie stellt die Promoterfirma zur Verfügung?

So war es lediglich in den ersten zwei Jahren des Vertrags mit TopRank. Dann nahm ich Rangere Rover Sport unter Leasingbedingungen.

Unterscheidet sich Ihr Trainingsprozess in den USA sehr von dem im olympischen Boxen und in „Ukrainischen Otamans“ (World Series of Boxing (WSB) - eine internationale Box-Liga)?

Mein Trainingssystem ähnelt in vielen Aspekten dem Trainingssystem von Vasyl Lomachenko mit seinem Vater. Viel wurde von dort übernommen. Es hängt vom Vorbereitungszyklus ab. Nach und nach lasse ich die Trainingsintensität vor dem Kampf steigern. Für einige Kämpfe als Sparringspartner habe ich den Ukrainer Ismail Sillakh eingeladen. Auch stand ich im Sparringkampf mit Dmytro Mitrofanow, der zu der Zeit in den Vereinigten Staaten lebte und trainierte.

Sie haben Oleksandr Usyk geholfen, sich auf den Kampf mit dem Russen Murat Gassiev vorzubereiten. Der Sieg über ihn brachte dem Ukrainer den Titel eines absoluten Weltmeisters. Waren die Sparringkämpfe mit Usyk heftig?

Während der Sparringkämpfe versuchte er, ihn nicht wütend zu machen. Denn wenn Sanja (Kurzform von Oleksandr) wütend wird, wird es mir nicht komfortable im Ring.

In der Boxgemeinschaft wurde lebhaft die Geschichte diskutiert, als der Russe Sergei Kowaljow ein T-Shirt mit Vasyl Lomachenko und dem Dreizack anzog, wofür er heftig von russischen Medien und seinen Mitbürgern kritisiert wurde. Sie trainieren mit Sergei in derselben Halle, was war das für eine Geschichte?

Vasyl hat Sergei sein T-Shirt geschenkt, Kowaljow hat es angezogen, ein Foto gemacht. T-Shirts waren in zwei Farben - gelb und blau. Das Muster darauf war ein Dreizack. Sergei zog das T-Shirt zur Unterstützung von Vasyl an, sie machten ein gemeinsames Foto mit T-Shirts. Es gab keine Politik dort. Vasyl zog auch Kowaljows T-Shirt als Zeichen der Unterstützung für Sergei an. Die Jungs zeigten einfach nur gegenseitigen Respekt. Aber vielleicht konnte jemand Sergei sein vorheriges Foto an dem T-Shirt mit dem Bild von Nestor Machno und der Aufschrift in ukrainischer Sprache „Freiheit oder Tod“ nicht vergeben, und deshalb hat man versucht, daraus irgendeine unverständliche Tragödie zu machen.

Welche Beziehungen haben Sie mit Kowaljow, der in Ihrer Gewichtsklasse boxt, und es gab auch einmal sogar Gespräche über die Organisation eines Kampfes zwischen euch?

Uns kann man enge Freunde nicht nennen. Wir sind eher Bekannte. Wir trainieren in einer Halle. Während der Vorbereitung auf einen Kampf habe ich mehrere Sparringkämpfe mit Sergei gehabt. Ich respektiere ihn, und ich hoffe auf die Gegenseitigkeit.

In Bezug auf einen möglichen Kampf zwischen uns gibt es gegenwärtig kein großes Interesse bei der amerikanischen Öffentlichkeit an ihm. Ukrainer gegen Russen - in den USA ist es schwer zu verkaufen. Bei uns wäre ein solches Duell stark politisiert, was bestimmt weder ich noch Sergei wollen. Aber die Möglichkeit eines solchen Kampfes in der Zukunft ist nicht auszuschließen.

Ihr Promoter Bob Arum hat vor ein paar Jahren erklärt, dass Manny Pacquiao mit Vasyl Lomachenko kämpfen will. Laut der inoffiziellen Version war Anatolij Lomachenko dagegen. Hat Sie die Reaktion des alten Lomachenko erstaunt?

Alles, was im professionellen Box geschieht, dreht sich so oder anderes um Geld. Ein solcher Kampf kann eine gute Kasse bringen. Außerdem wäre es für Vasyl eine gute PR. Aber wahrscheinlich ist das nicht der Kampf, den Anatolij Mikolajewitsch gerne sehen würde. Pacquiao ist eine Legende. Aber heute ist das nicht mehr derselbe Pacquiao wie früher.

Hemmt vielleicht Anatolij Lomachenko die Karriere seines Sohnes mit einer solchen etwas archaistischen Vision? Die Promoter von Joshua haben im Jahr 2017 den Kampf mit dem 41-jährigem Wladimir Klitschko vereinbart und sie haben den Kampf auf Wembley organisiert, an den man auch heute noch erinnert, und dieser Megafight gab in der Karriere von Joshua neue effektive Impulse.

Professionelle Boxer sind zu 70 Prozent Geschäftsleute. Joshua scheute sich nicht vor dem Alter von Klitschko und er ist heute einer der am höchsten bezahlten Boxer in der Welt. Vasyl und sein Vater befürworten mehr das Sportprinzip. Jeder hat seine eigenen Prioritäten. Aber ich glaube nicht, dass der Verzicht auf den Kampf mit Pacquiao irgendwie die Karriere von Vasyl abgebremst hat.

Es wird angenommen, dass der 87-jährige Bob Arum, der persönliche Fan von Lomachenko, 4 Jahre lang in ihn sein Geld investiert hat. Er zahlte ihm Honorare, die oft die Gewinne eines Promoters von den Kämpfen des Ukrainers überstiegen. Kann das wahr sein?

Das sollte man Bob selbst fragen. Ich verstehe nicht ganz alle Einzelheiten dieses Geschäfts. Aber ich weiß ein bisschen. Damit ein Boxer ein Weltmeister wird, muss ein Promoter zum Beispiel eine Million Dollar investieren. Angefangen von der Vertragsunterzeichnung und bis zum Championskampf. Und nicht jeder kann ein Champion in der Tat werden. Man kann in einen Boxer investieren, aber am Ende wird nichts daraus. Bevor jemand ein Champion wird, kann es bis zu 30 erfolglose Versuche geben. Nach dieser Logik sollten Promotoren von vornherein ein Minus haben. Stimmen Sie zu, die Mathematik stimmt irgendwie nicht - es wäre dieses Geschäft nicht sinnvoll für sie.

Maksym Rosenko, Kyjiw

yv

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