Das wichtigste Thema, das alle Ukrainer derzeit beschäftigt, ist die Bereitstellung von 50 Mrd. EUR Finanzhilfe durch die EU für die Ukraine, die zuvor aufgrund der Position Ungarns blockiert wurde. Werden die Staats- und Regierungschefs Ihrer Meinung nach auf dem Gipfel am 1. Februar eine Einigung in dieser Frage erzielen?
Ich bin zuversichtlich, dass sich der Europäische Rat auf diese wichtige langfristige Unterstützung der Ukraine einigen wird, und zwar sowohl auf die dauerhafte Finanzierung des ukrainischen Staates, als auch auf die militärische Unterstützung in Form von Waffenlieferungen, Munition und anderen Gütern im Rahmen der sogenannten „Europäischen Friedensfazilität“.
Wenn wir das Verhandlungsergebnis vom letzten Dezember betrachten, haben von 27 Staaten bereits 26 zugestimmt. Also sollte der Europäische Rat zugunsten der Ukraine ausgehen.
Also alle 27 Staats- und Regierungschefs werden zustimmen?
Ich bin zuversichtlich, dass die 50 Milliarden für die Ukraine beschlossen werden.
Wir sind in der Europäischen Union eine Familie und arbeiten immer auf eine Einigung mit allen hin – die Ukraine wird das miterleben, wenn sie eines Tages selbst Mitglied der Europäischen Union ist.
Wir gehen auch bei Schwierigkeiten aufeinander zu, sprechen miteinander, verhandeln miteinander und versuchen, eine Lösung zu finden.
Wichtig ist, dass die Ukraine langfristig unterstützt wird, so wie es von der EU-Kommissionspräsidentin in Aussicht gestellt worden ist. Und ich bin zuversichtlich, dass wir eine Einigung erreichen werden.
Aber falls Ungarn sein Veto nicht aufhebt, was ist dann Plan B?
Man soll nie über Plan B reden, wenn man einen sinnvollen Plan A hat.
Aber Sie können sich darauf verlassen, dass die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten für alle Eventualitäten gerüstet sind.
Und wie beurteilen Sie die Position Österreichs in dieser Frage?
Österreich gehört zu den 26, die bereits zugestimmt haben, und unterstützt deshalb unsere Arbeit an einer Einigung, was ich außerordentlich begrüße.
Wird die Europäische Union nicht mehr handlungsfähiger und effektiver sein, wenn das Konsensprinzip bei wichtigen europapolitischen Entscheidungen aufgeben würde, um nicht von populistischen Regierungen wie der von Viktor Orban abhängig zu sein?
Die Europäische Union entscheidet bereits heute in mehr als 90 Prozent aller Fälle mit qualifizierter Mehrheit. Wir sind also in vielen Bereichen sehr, sehr handlungsfähig und können sehr schnell europäische Gesetze beschließen.
In grundlegenden Fragen – und dazu gehören auch die Erschließung neuer Finanzmittel und die Aufnahme neuer Mitglieder – halte ich es für richtig und wichtig, dass alle Mitgliedstaaten gefragt werden und mitentscheiden können.
Die Europäische Union ist eine Gemeinschaft von 27 Staaten, die beschlossen haben, dass sie gemeinsam stärker sind.
Es mag manchmal zu 27 etwas langsamer vorangehen als allein, aber die Europäische Union ist genau deshalb stark, weil sie geeint ist. Auf diese Einigkeit werden wir weiter hinarbeiten, auch wenn wir mehr Mitglieder haben werden.
Die Ukraine wird, wenn sie eines Tages Mitglied ist, sicherlich auch einmal mit der ein oder anderen gemeinsamen Entscheidung ringen. Das Wichtigste ist aber, nicht dauerhaft zu blockieren, sondern sich vernünftig mit allen Positionen auseinanderzusetzen, sich aufeinander zuzubewegen, um am Ende eine Einigung im Wege des demokratischen Kompromisses zu schaffen.
So muss die Europäische Union funktionieren, im respektvollen Miteinander. Wenn ein Staat legitime Bedenken hat, müssen wir einander zuhören und darauf eingehen. Und wenn es keine legitimen Bedenken sind, dann brauchen wir natürlich eine schnelle Zustimmung.
Das neue Finanzpaket für die Ukraine bleibt auch im US-Kongress blockiert. Wie wird sich diese Situation Ihrer Meinung nach entwickeln? Welche Auswirkungen könnte das Versagen der USA bei der Bereitstellung von Finanzhilfe für die Ukraine auf die EU-Politik gegenüber der Ukraine haben?
Ich würde sicherlich nicht von einem Versagen der USA sprechen. Wie in einigen Staaten der Welt gibt es aktuell auch in den USA innenpolitische Diskussionen, die zu einer Demokratie dazugehören. Ich vertraue fest auf die Fähigkeiten der Biden-Administration, die aktuelle Blockade zu überwinden.
Unabhängig davon ist Europa der direkte Nachbar der Ukraine, mit der wir eng assoziiert sind und ein ehrgeiziges Handelsabkommen haben. Die Ukraine ist ein Land, das uns sehr nahe ist: rechtlich, politisch, wirtschaftlich.
Und deshalb sind wir natürlich besonders zur Unterstützung verpflichtet, und wir müssen uns auch darauf vorbereiten, dass das Engagement aus den USA über kurz oder lang etwas weniger stark ausfallen könnte.
Schon jetzt sind die Europäische Union und ihre 27 Mitgliedsstaaten der größte Geldgeber der Ukraine. Von der EU und ihren Mitgliedsstaaten erhält die Ukraine etwa doppelt so viele Finanzmittel wie von den USA.
Die USA unterstützen dagegen sehr stark im militärischen Bereich, weil sie nun mal die zentrale Militärmacht der Welt sind.
Was jetzt in den USA passiert, sollte uns dazu veranlassen, in Europa schneller und entschlossener voranzugehen. Die Menschen in Europa sind, Gott sei Dank, viele Jahrzehnte lang keinen Krieg mehr gewohnt gewesen. Deshalb hat man Geld in die Bildungs- und Sozialsysteme investiert – was weltweit einzigartig ist – und weniger ins Militär.
Wir müssen aber auch an unsere Sicherheit denken, die es nicht zum Nulltarif gibt. Alle EU-Staaten stärken aktuell ihre Investitionen in Sicherheit und Verteidigung. Das nennen wir die Zeitenwende in Europa.
Wir festigen auch die europäische Säule der NATO, etwa mit dem Beitritt Finnlands und Schwedens. Und wir arbeiten innerhalb der Europäischen Union daran, dass wir mehr grenzüberschreitend in Verteidigungsgüter investieren. Denn es ist für eine integrierte, interoperable Verteidigung unseres Kontinents nicht sinnvoll, dass in der EU mehr als 100 verschiedene Waffensysteme und mehr als 30 verschiedene Panzer hergestellt werden.
Die Europäische Kommission will ein gemeinsames Rüstungsauftragswesen schaffen, um grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten und stärkere Synergieeffekte zu erzielen.
Hier ist in den letzten Monaten sehr viel passiert. Der Krieg gegen die Ukraine war dabei ein schrecklicher, aber wohl notwendiger Aufwachmoment. Vor drei Jahren wäre ein Programm wie ASAP, also das gemeinsame Programm der EU zur Beschaffung von Munition, nicht vorstellbar gewesen. Wenn Sie vergleichen, wo wir vor ein paar Jahren standen, geht es jetzt zwar noch nicht schnell genug, aber doch schon sehr viel schneller.
Dass wir noch deutlich nachlegen müssen, hat die EU-Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der Union im September angemahnt. Sicherlich ist dies eine der wichtigsten Aufgaben des Jahres und auch der neuen Mandatsperiode von EU-Parlament und EU-Kommission, die diesen Herbst beginnt.
Man spricht oft in Europa über die „Müdigkeit“ vom Krieg in der Ukraine. Inwieweit ist dies Ihrer Meinung nach zutreffend?
Wenn jemand einen Grund hat, müde zu sein, sind das die Menschen in der Ukraine, die sich jeden Tag gegen Raketenangriffe, Drohnenangriffe und andere schreckliche Auswirkungen des russischen Angriffs verteidigen und in Luftschutzbunkern ausharren müssen.
In der Europäischen Union sollten wir nicht müde sein, sondern wir sollten immer wieder erklären, dass es bei dieser Auseinandersetzung um Frieden und Sicherheit in ganz Europa geht.
Gott sei Dank tritt die Ukraine diesem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg entgegen.
Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, die Ukraine zu unterstützen, wenn sie die Werte der Europäischen Union, unsere Freiheit und Sicherheit mit verteidigt. Und es ist wichtig, dass die Vertreter der EU-Institutionen und der Mitgliedstaaten das immer wieder erklären und zu Wachsamkeit statt Müdigkeit ermutigen.
Bei einer Veranstaltung gestern hier in Wien hat ein österreichischer Experte die Frage aufgeworfen, ob die Ukrainer nun auch Europa verteidigen oder ob sie nur für ihre eigene Freiheit kämpfen. Seiner Meinung nach hängt die Antwort auf diese Frage für die Europäer vor allem davon ab, was das Endziel in Europa gegenüber Russland ist. Hier stellen sich also zwei Fragen: Kämpfen die Ukrainer auch für Europa, und will die EU, dass Russland den Krieg verliert und entsprechend geschwächt wird?
Man kann diese Frage nicht wissenschaftlich auseinanderdividieren.
Die territoriale Unversehrtheit der Mitgliedstaaten bzw. der Staaten auf dem europäischen Kontinent ist Teil unserer europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung. Sie ist seit der Schlussakte von Helsinki, seit der Charta von Paris, seit allen Verträgen, die heute in Europa gelten, die Grundlage dafür, dass in Europa Frieden herrscht, dass niemand Grenzen gewaltsam verschiebt. Die Ukraine verteidigt also ihr Land und zugleich die Völkerrechtsordnung, auf der der Frieden, die Sicherheit und der Wohlstand von ganz Europa beruht.
Denn wenn wir einmal zulassen, dass in Europa die Grenzen mit Waffengewalt widerrechtlich verschoben werden, dann ist niemand in Europa mehr sicher.
Und was die Strategie gegenüber Russland anbetrifft?
Die Strategie gegenüber Russland hängt von Russland ab. Russland muss seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg beenden und das widerrechtlich besetzte Territorium der Ukraine verlassen. Bis zum letzten Soldaten und zur letzten Patrone.
Das ist die gemeinsame Position, welche die Europäische Union und ihre Alliierten seit dem 24. Februar 2022 immer wieder bekräftigt.
Es geht darum, die völkerrechtmäßige Ordnung auf dem europäischen Kontinent wiederherzustellen und damit Frieden dauerhaft zu sichern. Deshalb muss die Ukraine nach unserer Überzeugung ihren Verteidigungskrieg gegen Russland gewinnen.
Lassen Sie uns ein wenig über Österreich sprechen. Wie verlässlich ist das Land angesichts seiner Neutralität bei der Umsetzung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, auch in Bezug auf die Ukraine und Russland?
Diese Frage musste bereits geklärt werden, als Österreich vor fast genau 30 Jahren eine Volksabstimmung durchgeführt hat, um Mitglied der Europäischen Union zu werden. Zwei Drittel der Abstimmenden haben sich damals für den EU-Beitritt ausgesprochen. Damals wurde in den Verhandlungen darüber diskutiert, was die österreichische Neutralität bedeutet.
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben damals beschlossen, Österreichs Neutralität zu respektieren, deshalb enthalten die europäischen Verträge heute auch eine eigene Klausel dazu. Die Neutralität gehört zur österreichischen Verfassungsstruktur.
Umgekehrt ist Österreich ein konstruktives Mitglied der Europäischen Union und wirkt an allen Entscheidungen mit, auch an allen Sanktionsbeschlüssen, die wir immer wieder einstimmig gegen Russland gefasst haben. Denn auch die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik ist Teil der österreichischen Verfassungsordnung.
Wenn Sie so wollen, ist die österreichische Neutralität heute EU-rechtlich respektiert, aber auch durch die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union überlagert und teilweise modifiziert.
Die österreichische Neutralität erlaubt es nach österreichischem Verständnis nicht, sich an der Finanzierung von letalen Waffen zu beteiligen. Deshalb ist Österreich bei der Friedensfazilität zwar finanziell beteiligt, finanziert aber mit seinem Beitrag keine letalen Teile, also zum Beispiel nicht Munition, sondern Benzin. Die Gesamtbelastung ist fair aufgeteilt. Österreich wirkt mit, wo es kann, und übernimmt dabei etwas mehr auf der humanitären Seite. Die anderen Mitgliedstaaten übernehmen etwas mehr bei den letalen Waffen.
Genau so müssen wir in Europa zusammenarbeiten, respektvoll untereinander aber zugleich wirkungsvoll nach außen. Österreich beteiligt sich an allen Entscheidungen, und auch der Transport von Waffen über österreichisches Territorium Richtung Ukraine funktioniert ohne Probleme.
Noch eine Nachfrage. Beteiligt sich Österreich an dem von Ihnen erwähnten Programm ASAP?
Österreich hat kein Opt-out und ist an allen europäischen Beschlüssen beteiligt. Es kann aufgrund seiner Neutralität nicht selbst Munition in die Ukraine liefern. Österreich beteiligt sich aber über das EU-Budget an allen Beschlüssen, auch an jenem über die 50 Milliarden für die Ukraine, der diese Woche ansteht. Das Land ist ein loyaler Unterstützer der Ukraine, so wie das auch alle anderen Staaten der Europäischen Union hoffentlich Ende dieser Woche sein werden.
Und wie beteiligt sich Österreich angesichts seiner Neutralität an den gemeinsamen Bemühungen um eine Stärkung der strategischen Autonomie der EU und ihrer globalen Position als Sicherheitsanbieter?
Österreich ist auch hier kein Randspieler, sondern wirkt in vielerlei Hinsicht mit. Zur strategischen Autonomie gehört vieles, etwa auch, dass wir in Europa verlässlich Halbleiter, also Computerchips, produzieren und in diesem Bereich nicht von anderen Kontinenten abhängig sind.
Österreich ist bei einem sogenannten wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse dabei und beheimatet in Kärnten eine hochmoderne Halbleiter-Produktionsstätte, die ganz Europa zugutekommt. Das ist ein ganz wesentlicher Beitrag.
Österreich wirkt auch an den europäischen Militäreinsätzen mit, beispielsweise in Bosnien, im Kosovo, im Libanon und in anderen Teilen der Welt. Das österreichische Bundesheer ist Teil unserer Strukturen, und ein österreichischer General, Robert Brieger, ist wegen des starken österreichischen Beitrags an der gemeinsamen Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich sogar der Vorsitzende des europäischen Militärausschusses.
Österreich ist zwar neutral, beteiligt sich aber an allen Initiativen, solange sie nicht direkt eine kriegerische Auseinandersetzung betreffen. Österreich ist also durchaus Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur und wird auch beim europäischen Sky Shield mitmachen.
Trotz der Absicht der EU, vollständig auf russisches Gas zu verzichten, importiert Österreich weiterhin den Großteil seines Gases aus Russland und finanziert damit auch die Kriegsmaschinerie des Kremls. Wie steht die Europäische Kommission zu den Gasgeschäften Österreichs, aber auch Ungarns, mit Moskau?
Die Europäische Kommission empfiehlt seit Beginn des russischen Angriffskrieges, dass alle Staaten schrittweise aus allen Rohstoffen, die aus Russland geliefert werden, und damit aus der Abhängigkeit aussteigen.
Wir wollen bis 2027 von russischen fossilen Brennstoffen unabhängig sein. Das empfiehlt die Europäische Kommission regelmäßig allen betroffenen Mitgliedsstaaten, auch Österreich.
Wir verstehen aber, dass es nicht von einem Tag auf den anderen möglich ist, und dass viele Übergangsmaßnahmen ergriffenwerden müssen.
Wir würden uns natürlich manchmal wünschen, dass es schneller geht, und ich führe dazu regelmäßig Gespräche mit Vertretern der österreichischen Bundesregierung.
Es wird viel getan, aber alle wissen, es könnte auch noch etwas mehr getan werden.
Darüber hinaus ist die österreichische Bankengruppe RBI weiterhin in Russland tätig und spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung des russischen Finanzsystems. Steht dies nicht im Widerspruch zur EU-Politik, die darauf abzielt, die wirtschaftliche Fähigkeit Russlands, einen Krieg gegen die Ukraine zu führen, einzuschränken? Besprechen Sie diese Frage auch mit der Bundesregierung?
Wir besprechen das sehr regelmäßig, auch mit dem betroffenen Unternehmen selbst, in dem es übrigens unterschiedliche Auffassungen zu dieser Frage gibt.
Ein Teil sagt: „Es schadet nicht, wenn wir dortbleiben.“ Der andere Teil sagt: „Es ist ein Schaden für unser Ansehen und auch ein finanzieller Schaden.“
Diese Frage hängt damit zusammen, wie man die Zukunft prognostiziert.
Ich persönlich schließe mich eher der zweiten Auffassung an.
Ich möchte Sie noch zur europäischen Integration der Ukraine fragen. In Ihrem Interview mit der Kronen Zeitung haben Sie gesagt, dass der Weg der Ukraine zur EU-Mitgliedschaft kann irgendwo zwischen der Zeit liegen, die Österreich und Spanien gebraucht haben, also zwischen sechs und elf Jahren…
Ich habe gesagt, der Prozess des Beitritts in die Europäische Union hängt davon ab, wie zusammengearbeitet wird und welche Fortschritte gemacht werden.
Bei Österreich hat es sechs Jahre gedauert, bei Spanien elf. Ich persönlich würde mir wünschen, dass es die Ukraine in einer Zeit in die Europäische Union schafft, die dazwischenliegt.
Aber das hängt sehr von der Ukraine ab und von der Umsetzung der erforderlichen Reformen, die auch im Interesse der Ukraine sind. Möglich ist vieles, wenn es politischen Willen gibt.
Die Mitgliedschaft Kroatiens, die erst nach vielen, vielen Jahren Realität wurde, ist am Ende dadurch zustande gekommen, dass es sowohl auf Seiten der Europäischen Union als auch auf Seiten Kroatiens sehr, sehr engagierte, entscheidungsfreudige und auch umsetzungsstarke Politikerinnen und Politiker gegeben hat, die diesen Beitritt durchgesetzt haben.
Ich hoffe, dass das im Fall der Ukraine ebenso sein wird, denn für mich gehört die Ukraine in die Europäische Union.
Und könnte das auch noch in diesem Jahrzehnt passieren?
Möglich ist vieles. Es hängt, wie gesagt, davon ab, wie schnell die Verhandlungen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union vorankommen.
Dann noch die letzte Frage über den andauernden Krieg. Wann und wie wird er enden? Was ist Ihre Meinung?
Ich bin Vertreter der Europäischen Kommission und kein Militärexperte.
Ich glaube, in dieser Sache sollten wir auf den militärischen Sachverstand zählen, der sich dadurch auszeichnet, dass über solche Fragen nicht im Fernsehen, im Radio und in der Zeitung geredet wird, sondern dass vor Ort gearbeitet wird.
Ich habe großes Vertrauen in die Fähigkeiten des ukrainischen Militärs. Ich habe auch großes Vertrauen in die starke Unterstützung, die die Europäische Union und unsere Partner weiterhin leisten werden. Und davon wird es auch abhängen.
Ich glaube fest daran, dass die Ukraine diesen Verteidigungskrieg am Ende gewinnen wird. Und ich wünsche es uns allen, denn es ist nicht nur im Interesse der Ukraine, sondern von ganz Europa.
Dieses Interview wurde am 30. Jänner 2024 geführt, dem vorletzten Tag der vierjährigen Amtsperiode von Martin Selmayr als EU-Botschafter in Österreich. Er ist seit 1. Februar 2024 Gastprofessor für Europarecht an der Universität Wien und wird im Herbst 2024 eine neue europäische Aufgabe übernehmen.