Helmut Brandstätter, Mitglied des Nationalrates Österreichs
Russland beging Aggression gegen die Ukraine und darüber muss klar gesprochen werden
01.07.2021 11:29

In einem Interview mit „Ukrinform“ erzählte der österreichische Abgeordnete über die Beziehungen zwischen der Ukraine und Österreich, teilte seine Gedanken über die russische Aggression, sowie Sanktionen gegen Russland als auch die Strategie der Beziehungen Österreichs und der EU zu Russland sowie den Prozess gegen Firtasch, Putins Tanz mit Kneissl und Weiteres.

Herr Brandstätter, was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie das Wort „Ukraine“ hören?

Wenn ich das Wort „Ukraine“ höre, dann denke ich, dass ich leider erst einmal in der Ukraine war, und zwar anlässlich einer Fußball Europameisterschaft im Jahr 2012. Wir haben uns das Fußballspiel in Kyiw angeschaut. Aber ich war sehr beeindruckt von der Schönheit Kyiws Innenstadt und der große Platz, der dann später zur internationalen Bekanntheit geworden ist.

Aber natürlich, es verbindet uns sehr viel mehr, wie zum Beispiel, dass die Ukraine ein wichtiger Partner für Österreich ist und Teile der Ukraine einmal Teile des Habsburger Reichs waren.

Und was mich noch mit der Ukraine natürlich verbindet, ist, dass ich - durch einen Zufall muss ich dann Ihnen auch sagen - zum Vorsitzenden der Freundschaftsgruppe wurde, wobei da die drei Länder zusammengefasst sind – das sind die Ukraine, die Republik Moldau und Belarus. Und dass die Ukraine politisch wichtig und auch heikel ist, das war mir schon klar. Aber was ich damals noch nicht wusste, als diese Freundschaftsgruppe konstituiert wurde, ist, dass Belarus für uns auch so ein großes Thema werden würde.

Wie beurteilen Sie den Stand der bilateralen Beziehungen zwischen der Ukraine und Österreich zum jetzigen Zeitpunkt? Macht die Bundesregierung alles richtig?

Also als Oppositionspolitiker bin ich natürlich immer bereit die Bundesregierung zu kritisieren, aber gerade als außenpolitischer Sprecher der NEOS suche ich auch mit dem Außenminister immer eher die Gemeinsamkeiten, weil ich glaube, dass es wichtig ist, für gerade so ein kleines Land wie Österreich, nach außen soweit es geht und soweit wir das auch mittragen können, gemeinsam und geschlossen aufzutreten.

Es gibt viele Themen, die wir besprechen, wo wir auch die Meinung der Bundesregierung vertreten und wo wir gemeinsam auftreten wollen. Und bei der Ukraine ist das schon ein wichtiges Thema. Also wir haben verfolgt und haben das auch unterstützt, immer, wenn die Bundesregierung deutlich zum Schutz der Grenzen der Ukraine aufgetreten ist, wenn es gemeinsame Sanktionen der Europäischen Union gegeben hat. Und da die österreichische Bundesregierung das immer mitgetragen hat, dann haben wir das selbstverständlich immer unterstützt.

Ich habe auch ein sehr gutes Verhältnis mit dem Botschafter Oleksandr Scherba. Wir treffen uns regelmäßig, tauschen uns über die Themen aus, ich lasse mich bei ihm sehr gerne informieren, was gerade in der Ukraine los ist.

In welchen konkreten Bereichen der bilateralen, wirtschaftlichen Zusammenarbeit sehen Sie Verbesserungspotenzial?

Wirtschaft ist immer wichtig, aber unserer Überzeugung nach, sollten das die Unternehmer machen. Die Politik soll nicht selbst die Wirtschaft machen, sondern die Möglichkeiten des Unternehmens vereinfachen. Аber ich glaube, dass das im Moment kein großes Thema ist. Soweit ich mit den Unternehmern rede, die in der Ukraine aktiv sind (Versicherungen, Banken, etc.), habe ich nicht das Gefühl, dass sie sehr unzufrieden sind, sondern ich glaube umgekehrt, ich glaube, sie sind durchaus sehr zufrieden.

Wenn es um die österreichisch-ukrainischen Beziehungen geht, wird oft der Fall Dmytro Firtash genannt, einst einer der größten Oligarchen der Ukraine, der 2014 aufgrund eines US-Haftbefehls wegen Korruptionsvorwürfen in Wien festgenommen wurde. Warum dauert das Auslieferungsverfahren so lange?

Ich glaube, dass Herr Firtasch sehr gute Rechtsanwälte hat. Ich glaube, dass er auch vermögende Freunde hat, weil die Kaution von 125 Mio. Euro offensichtlich von einem Freund und einem Oligarchen bezahlt wurde. Das heißt, er hat natürlich mächtige Freunde.

Aber ich glaube an den Rechtsstaat und ich glaube daran, dass die österreichische Justiz anständig arbeitet. Wir wissen auch, dass das innerösterreichische Verfahren manchmal länger dauern kann, weil eben alle Betroffenen natürlich das Recht haben, all ihre Rechte auszuschöpfen und wenn jemand dann juristisch noch sehr gut beraten ist, und bei Herrn Firtasch gehe davon aus, dann führt es auch dazu, dass ein Verfahren länger werden kann, weil er halt alle Möglichkeiten, die das Gesetz ihm bietet, nutzt und das soll er auch können. Also da stehe ich absolut dazu.

Rechtstaat heißt, jeder muss die Möglichkeit haben alle Möglichkeiten eben auszuschöpfen. Und am Ende ist es eine Entscheidung unseres Höchstgerichts, was zu passieren hat - und wie gesagt, da vertraue ich hundertprozentig unseren Gerichten.

Noch vor ein paar Jahren waren die ukrainisch-österreichischen Beziehungen in der politischen Dimension nicht in bestem Zustand: damals beteiligte an der Bundesregierung die rechtspopulistische „Freiheitliche Partei Österreichs" (FPÖ), die in der Ukraine vorwiegend als pro-russisch gilt. Zu jener Zeit wurde Putin offiziell in Wien empfangen, er war als Ehrengast bei der Hochzeit von der damaligen Außenministerin Karin Kneissl und die österreichisch-russischen Beziehungen nahmen zu. Wie stark beeinflusst der russische Faktor die bilateralen österreichisch-ukrainischen Beziehungen?

Ich glaube schon, dass wir das auseinanderhalten müssen. Wir haben historisch, also gerade was die Wirtschaft betrifft, aufgrund der Besatzungszeit nach 1945, wo die Russen im Osten waren und wo es eine sehr starke Industrie gegeben hat, woraus die Industrie dann zuerst verstaatlicht, die dann später zum Großteil privatisiert wurde.

Aber seither sind natürlich die Wirtschaftskontakte mit Russland sehr stark und das nützt den österreichischen UnternehmerInnen, aber es nützt gerade auch der russischen Föderation, für die Wirtschaftskontakte mit Österreich wichtig sind.

Und wir müssen es sehr klar unterscheiden von den Kontakten zur Ukraine. Das sind für mich zwei unabhängige Staaten und mit beiden möchte ich, dass wir anständige Beziehungen haben. Aber, wie gesagt - und da bin ich schon mit der Bundesregierung einig - wir sind der Meinung gerade was die Sicherung der Grenzen betrifft, kann es keine Kompromisse geben.

Und da gibt es das Budapester Memorandum, dass Sie bestens kennen, wo nachher versprochen würde, dafür dass alle Atomwaffen an Russland gehen, dass die Grenzen der betroffenen Staaten sicher sind. Und jetzt wissen wir, dass Russland dieses Memorandum gebrochen hat, aber wir wissen auch, dass die EU darauf geantwortet hat. Und dass wir als Österreicher da absolut mitgemacht haben, unterstütze ich selbstverständlich.

Jetzt kann man natürlich grundsätzlich darüber diskutieren, was Sanktionen bewegen können, was Sanktionen auslösen können. Aber ich glaube, Vladimir Putin muss verstehen, dass die Soviet (auch wenn er manchmal sagt, dass er die Soviet Union wiederherstellen möchte), dass die Soviet Union vorbei ist und dass er in der Ukraine überhaupt keine Rechte hat. Es gibt dort russische Bevölkerungsgruppen und auch diese Erfahrung haben wir als Österreich gemacht, wo wir im Süden Slowenen haben und sehr lange zu wenig Minderheiten Rechte gewahrt haben, so kann ich nur der Ukraine raten, die Rechte der Minderheiten natürlich zu wahren. Aber Russland muss man auch fordern, die nationale Souveränität und die Grenzen der Ukraine zu wahren.

Sie haben noch die Frage des politischen Einflusses auf der Freiheitlichen Partei Österreichs erwähnt. Da habe ich immer mir gedacht, dass FPÖ sehr beeindruckt vom autoritären Regime ist. So wie sie von Orban beeindruckt sind, sind sie auch von Russland beeindruckt. Dasselbe gilt auch für Le Pen in Frankreich, wo es offensichtlich auch finanzielle Verwirklichung zwischen Russland und ihre Partei gibt.

Bei Österreich gab es immer nur die Spekulationen, da wissen wir nicht genau, wie weit es sie wirklich gegeben hat. Aber von der FPÖ aus, glaube ich, war es immer nur ideologisch. Ein starker Anführer, so wie Putin, hat die glaube ich sehr beeindruckt. Umgekehrt hat Putin gesehen, dass er mit dieser Gruppierung möglicherweise, wenn ein Kontakt steht, dann auch gewissen Einfluss in Österreich haben kann.

Die Frau Kneissl, glaube ich, war mehr von der Tatsache beeindruckt, also wie gut sie den Herrn Putin als Ministerin kennengelernt hat. So wie sie es später erzählt hat, war die Einladung zu Ihrer Hochzeit eher aus einer spontanen Freude heraus, dass sie heiratet und weil Herr Putin da war und sie hat ihm eher zufällig gesagt „Schauen Sie, ich werde heiraten und wenn Sie kommen würden, würde ich mich freuen“. In dem Moment war es nicht sehr wahrscheinlich, dass er gleich dann wieder nach Österreich kommt, und zwar zu ihrer Hochzeit. Aber Putin ist ein sehr geschickter Stratege und er hat genau gewusst, dass die Bilder, die gemacht werden, wenn er mit der österreichischen Außenministerin tanzt, dass sie überall im Westen mit sehr großer Aufmerksamkeit verfolgt werden und dass das wieder ein Stück ist, wo Putin etwas gelingt, ein Stück Europa zu spalten oder zumindest ein kleines Stückerl herauszubrechen.

Herr Putin war da leider geschickter und die Frau Kneissl, die keine dumme Frau ist, die auch Diplomatin war früher, hatte offenbar nicht bedacht, was diese Einladung auslösen könnte. Und vielleicht hat sie nicht bedacht, dass er sie wirklich annehmen würde.

Aber sie hat jetzt einen gut bezahlten Posten in Russland bekommen…

Es hat sich offenbar ausgezahlt…

Angesichts der Ereignisse in Weißrussland sucht die Ukraine nun nach einem neuen Ort für Donbass-Friedensgespräche, um Minsk zu ersetzen. Dabei nennt man die Bundeshauptstadt Österreichs als eine der Optionen. Könnte Wien Ihrer Meinung nach eine solche Verhandlungsplattform werden?

Ich würde das sehr begrüßen und es zeigt auch: Wenn wir da eine zentrale Stelle gerade auch für die Verhandlungen sein wollen, wie wir es bei den Iran Gesprächen wurden, dann setzt es voraus, dass wir uns natürlich mit allen Staaten in ordentlichen Beziehungen stehen. Ich würde mich sehr freuen, wenn das nach Wien käme. Ich halte es für sehr wichtig, dass diese Gespräche kommen.

Aber wenn Sie Belarus ansprechen, das ist natürlich im Moment das ganz schwierige Thema - Was wird aus Belarus? Und wenn man die Bilder gesehen hat, von Lukaschenko mit Putin vor wenigen Tagen, dann hat man schon gesehen wer der Chef ist und wer um Hilfe ansucht. Und man hat ganz klargesehen, braucht man nur auf die Landkarte schauen, um sich das Verhältnis der beiden Staaten anschauen, wer welche Möglichkeiten hat – dass Lukaschenko immer weniger Möglichkeiten hat und Putin immer mehr Möglichkeiten. Und das halte ich eigentlich für wirklich gefährlich. Und wie wir es gerade bei der Flugzeugentführung gesehen haben, auch für die Nachbarstaaten gefährlich.

Ich finde auch wichtig, dass die Ukraine bei der Europäischen Solidarität mitgemacht hat. Das wird die Situation in der Ukraine nicht erleichtern. Aber auch wenn es heißt „Außenpolitik ist Interessenspolitik“, da muss Außenpolitik sehr wohl auch von Grundsetzen geleitet sein. Und ich glaube da sind wir uns einig, dass das was Lukaschenko da gemacht hat, in der Form von Staatsterrorismus, können wir das nicht dulden.

Russland wirbt offiziell für ein verzerrtes Narrativ des "innerukrainischen Konflikts" in der Ukraine, dem zufolge Moskau fast ein "Vermittler" ist. Ist Ihnen persönlich klar, dass Russland eine Partei dieses bewaffneten Konflikts in der Ukraine ist?

Ja, selbstverständlich. Ich habe das sogar einmal gehört, dass nachdem russische Soldaten einmarschiert sind, haben sie zunächst keine Hoheitszeichen gehabt. Und dann soll es einmal ein Telefonat zwischen Frau Merkel und Herrn Putin gegeben haben, wo sie gesagt hat „Aber Ihre Soldaten stehen in der Ukraine“ und er soll darauf gesagt haben „Ich kann keinen Einfluss darauf haben, wo die in Urlaub hinfahren“. Also das ist ein unglaublicher Zynismus. Und natürlich im russischen Militär passiert nichts zufällig und an Putin geht nichts vorbei, natürlich muss es mit seinem Willen, mit seiner Absicht gewesen sein.

Ich kann überhaupt nicht beurteilen, ob vorher diplomatische Gespräche eine Chance gehabt hätten, diese Situation zu verhindern. Das kann ich nicht beurteilen, aber was ich beurteilen kann ist, dass es eine völkerrechtswidrige Aktion war. Und das natürlich russische Soldaten auf fremdes Gebiet gegangen sind. Das ist eine kriegerische Aktion und das ist auch unbestritten.

Wie wir aus der Situation herauskommen? – Nur mit Verhandlungen. Also jedem ist klar, dass es keine ausländischen Truppen geben wird, die in die Ukraine gehen und dort Krieg führen. Das ist natürlich zu hundert Prozent ausgeschlossen. Das heißt, es kann nur Verhandlungsfrieden geben. Und wenn Österreich da einen Anteil dazu beitragen kann, dann wäre ich sehr glücklich darüber.

Und dieses russische Narrativ über den "innerukrainischen" Charakter des Konflikts im Donbass verbreitet sich manchmal auch in der österreichischen Medien. Zum Beispiel, in Dem Standard wurde der vor kurzem von einem "Bürgerkrieg" in der Ukraine gesprochen. Könnten Sie als ehemaliger Chefredakteur eines anderen österreichischen Qualitätsmediums des „Kuriers“ erklären, warum dies geschieht? Ist die Bezeichnung „Bürgerkrieg“ für diesen Konflikt nicht eine massive Verzerrung der Realität?

Ohja, es ist völlig falsch. Es ist kein Bürgerkrieg, sondern eine Aggression von außen gewesen. Warum ein Medium…also wir alle machen Fehler, ich kann mir nicht vorstellen, dass das bewusst so… Ich möchte keine Medienkritik machen, ich kenne den Artikel nicht. Aber ich glaube, man muss die Dinge aussprechen – aber natürlich eine Aggression von außen.

Wenn der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Thema "Krise in der Ukraine” spricht, sagt er oft "Frieden in Europa kann es nur mit und nicht gegen Russland geben". Finden Sie, dass es ein wenig seltsam klingt, vor allem wenn man es so umschreibt wie "Frieden in Europa kann es nur mit und nicht gegen den Agressor geben“?

Ja gut, Russland ist ein Faktum. Und für mich natürlich ist Russland ein Teil Europas und wir müssen mit Russland auskommen – Punkt eins. Punkt zwei – ich erwarte schon, wie gesagt, in den offiziellen Stellungnahmen, ist für Österreich und für die ganze EU Russland der Aggressor, aber ich gebe Ihnen insofern Recht, dass das auch der Herr Bundeskanzler so deutlicher sagen sollte, ohne Angst zu haben, dass das irgendwelche Wirtschaftsbeziehungen gefährdet. Weil das glaube ich schon, dass Russland auf die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen angewiesen ist. Weil wenn wir das Gas nicht kaufen, wer sollte es dann kaufen? Deswegen glaube ich sind wir stark genug, um sehr deutlich zu sagen, dass wir die Aggression verurteilen.

Willkürliche Unterdrückung und das Territorium der Unfreiheit, das für das moderne Russland charakteristisch ist, gibt es jetzt auch in den von Russland vorübergehend besetzten Gebieten der Ukraine, sowohl auf der Krim als auch in der Ostukraine. Ist es Ihnen über die Verfolgung und die schreckliche Menschenrechtslage in diesen Gebieten bekannt? Insbesonders über eine Art Konzentrationslager in der Stadt Donezk inoffiziell als „Isoljazija“ (Isolation) genannt, wo Männer und einige Frauen täglich physisch und psychisch gequält werden.

Nein, muss ich ehrlich sagen, ist mir nicht bekannt. Habe ich auch nichts darüber gelesen. Ich wüsste keine Details, aber ich nehme das gern als eine Anregung, dass wir uns es anschauen, keine Frage.

Wird Österreich im Hinblick auf die anhaltenden EU-Sanktionen gegen Russland aufgrund der Besetzung der Krim und der Aggression gegen die Ukraine im Mainstream der europäischen Politik bleiben?

Ich würde sagen ja. Ich glaube ja. Also nach allem was wir wissen: ja. Und wir halten es für richtig als NEOS, um das dazu zu sagen.

Halten Sie diese Sanktionen für wirksam? Man glaubt in der Ukraine, dass der Westen härtere Sanktionen verhängen sollte, um Russland zum Frieden zu zwingen.

Also ich glaube, dass bei den Sanktionen man sehr genau aufpassen muss. Die Geschichte der Sanktionen geht natürlich schon lange zurück. Und ich erinnere mich noch an Zeiten, da es Sanktionen gegen das weiße Südafrika gegeben hat. Und Südafrika hat es dazu genutzt, um gewisse Produkte, die sie nicht importieren konnten, dann selbst zu erzeugen. Also wenn man sich das anschauen würde, nachträglich, ob die Sanktionen gegen die Südafrika wirklich einen Effekt haben, da kann man wahrscheinlich skeptisch sein.

Ändert aber nichts daran, dass man es sich genau anschauen muss und einfach die Aggression nicht zur Kenntnis nehmen kann. Und deswegen finde ich, das was man unter „Magnitstskyi Akt“ bekannt wurde sinnvoll, weil es hat ja wohl keinen Sinn zu sagen, wir liefern keine Medikamente nach Russland, weil da schaden wir der Bevölkerung – und die Oligarchen und die Politiker besorgen es sich natürlich irgendwo im Westen, mit Selbstverständlichkeit. Deswegen würde ich schon sagen, dass was Magnitstskyi Akt dem sagt, dass diejenigen die von einem Regime profitieren, die zu treffen hat, eine andere Bedeutung, weil dann wird auf einmal die Stimmung so sein, dass man sagt „Ich möchte mein Vermögen in England oder wo auch immer genießen können. Und möchte auch das Vermögen wieder zurückholen oder möchte darüber verfügen können“.

Böswillige Handlungen Russlands wurden wiederholt aufgezeichnet und finden weiterhin in einer Reihe europäischer Länder statt. Jüngstes Beispiel ist die Beteiligung der Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU an der Explosion des Munitionslagers in Tschechien. Warum toleriert man in der EU ein solches Verhalten Russlands?

Also das sind schon Dinge, wo man nicht einfach zuschauen kann, weil das könnte dann das nächste Land treffen, es kann dann uns alle treffen.

Und den Eindruck habe ich…ich habe Putin nicht kennengelernt, ich habe nur mit den Leuten gesprochen, die ihn kennengelernt haben und Interviews gelesen haben etc.…aber ich glaube, dass was er am meisten verachtet, ist Schwäche. Also wenn wir ihn schwach gegenübertreten, dann macht er nicht nur was er will, sondern er verachtet uns auch noch. Und das was er am meisten respektiert ist Stärke. Wobei er natürlich weiß, dass wir als Westen militärisch nie aktiv werden. Es ist völlig klar. Jedenfalls außerhalb der NATO.

Aber Kraft muss es nicht heißen “militärischer Kraft“, sondern es kann sehr wohl wirtschaftliche Stärke sein. Und solche Leute wollen auch nicht blamiert werden. Ich glaube man muss sehr deutlich auftreten, aber das heißt einig sein. Und das ist mein Appell an die Europäische Union in anderen Fragen auch gegenüber China. Wir müssen einig auftreten, oder es nimmt uns niemand ernst. Das glaube ich, haben immer noch nicht alle verstanden.

Aber auch Österreich hat eine unangenehme Erfahrung mit unfreundlichen Aktionen seitens der Russischen Föderation. Neben dem Spionageskandal um den von Russland rekrutierten Ex-Oberst des österreichischen Bundesheeres gab es vor eineinhalb Jahren einen massiven Cyberangriff auf das österreichische Außenministerium. Laut Medienberichten wurde dieser größte Hackerangriff in der österreichischen Geschichte von einer mit dem russischen Staat verbundenen Hackergruppe durchgeführt…

Das stimmt. Wir haben schon unsere Erfahrung… Aber historisch, wissen Sie auch, Wien war natürlich nach dem Krieg ein Treffpunkt für Spionage aller Art und das haben die Österreicher auch zugelassen, solange es nicht gegen Österreich geht. Also ich glaube, dass sich da viele in Wien getroffen haben. Vielleicht glauben manche, man kann gegen das eigene Land spionieren. Nein, das darf man nicht.

Wie sollte die Strategie der Beziehungen des offiziellen Wiens zu Putins Russland sein?

Das Wesentliche ist, dass wir einig innerhalb der Europäischen Union auftreten. Also es muss die Europäische Union sehr klar über Russland auftreten. Man muss sagen, dass wir nicht akzeptieren, dass fremde Länder überfallen werden. Es muss Sanktionen geben, die die Führung treffen. Und es muss gleichzeitig aber Gespräche und Verhandlungen geben, um den Russen klar zu machen, dass sie mehr davon haben, wenn sie friedlich mit einer friedlichen Europäischen Union zusammenarbeiten.

Und natürlich muss es auch zwischenstaatliche Kontakte geben, auf kulturelle und wirtschaftliche Ebene aber insbesondere auch diplomatisch. Und wir haben Botschaften etc. das ist schon in Ordnung. Aber gerade wenn es ernst wird, und dort wo es Konflikte gibt, können wir nur gemeinsam als Europäische Union auftreten.

Meine letzte Frage bezieht sich auf die europäischen Integrationsbestrebungen der Ukraine, die nämlich auch der Grund für den Beginn der Aggression Russland in 2014 waren. Unterstützt Ihre Partei die Bestrebungen der Ukraine, der EU beizutreten?

Ich glaube, dass im Moment für EU ganz wichtig ist, selbst noch zusammenzuwachsen. Und die Länder, die bereits die Aufnahmeaufsuchungen gestellt haben und mit denen bereits verhandelt wird, nämlich Balkan - das sind die nächsten Jahre. Also die Aufnahme der West Balkan Länder als vordringliches Thema der Europäischen Union. Das kann auch gar nicht so schwer sein, weil es ja nicht um so viel Geld und auch nicht um so viele Menschen geht. Und das halte ich für ganz wesentlich, dass wir diese Länder so schnell wie möglich in die Europäische Union bringen.

Aber im Moment sehe ich eine Beitrittsverhandlung mit der Ukraine einfach real politisch unmöglich. Und da muss man die Dinge aussprechen. Das heißt im Moment, das heißt nicht was in ein paar Jahren ist. Ukraine ist ein europäisches Land, mit einer europäischen Geschichte also auch mit sehr viel gemeinsamer Geschichte. Aber real Politik heißt, dass es im Moment kein Thema sein kann.

Danke, Herr Brandstätter

Gerne

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