Olexij Resnikow, Vizepremierminister und Minister für Reintegration der besetzen Gebiete
Wir sind bereit für alle Taten und Aktionen Russlands
09.06.2020 13:21

Am 2. Juni fand ein eintägiger Besuch der ukrainischen Delegation in Berlin statt. Der Delegation gehörten vier Politiker an, die sich direkt mit der Friedenslösung im Donbass befassen. Angeschnitten wurde ein Fragenkreis: von der bilateralen Zusammenarbeit bis zu, und es war das Wichtigste, der Freigabe bei der Förderung des Minsker Prozesses. Ein besonderer Schwerpunkt wurde auf das Thema zur Deokkupation der Krim gelegt.

Welche Initiativen der ukrainischen Seite mit deutschen Partnern diskutiert wurden sowie was die Ukraine nicht scheut, teilte der ukrainische Vize-Ministerpräsident, der Erste stellvertretende Vorsitzende der Ukraine-Delegation in der Trilateralen Kontaktgruppe,  Olexij Resnikow, in einem Express-Interview mit.

WIR HABEN UNS BINNEN 6 JAHREN BEREITS ABGEWÖHNT ZU FÜRCHTEN

Herr Olexij, die ukrainische Seite hat die Schaffung einer Verhandlungsplattform für die Deokkupation der Krim initiiert. Auch der Außenminister Dmytro Kuleba sagte darüber in Berlin. In welchem Stadium befindet sich diese Idee?

Es hängt nicht nur von uns ab. Wir werfen diese Frage auf. Wir prüfen alle Optionen, da wir verstehen, dass es alleine schwierig sein wird, wir brauchen die Hilfe der Partner. Partner haben wir, sie unterstützen uns. Es ist aber noch zu früh, um über Termine und Formate zu sprechen.

In Berlin war ich sehr angenehm überrascht: Bei den Treffen haben sich verschiedene Amtsträger, die die Ukraine im bewaffneten Konflikt mit der Russischen Föderation unterstützen, über die deutsche Haltung klar geäußert.

Alle erinnern sich an einen schönen Zug in der Minsker Trilateralen Kontaktgruppe, als unsere Delegation die russische Staatsbürgerschaft der sogenannten eingeladenen Vertreter der "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk ankündigte. Doch befürchten viele, dass der Kreml den Gegenzug vornimmt. Haben Sie keine Angst davor?

Ich kenne alle Mitglieder der ukrainischen Delegation, die heute in Minsk vertreten sind. Ich habe keine Informationen, dass jemand einen anderen Pass außer dem ukrainischen besitzt. Ich habe bestimmt keinen anderen, wie auch die Parlamentsabgeordneten, die dort vertreten sind - Leonid Danylowytsch (Kutschma - Red.), der Chef unserer Delegation, der einen ukrainischen Pass besitzt. Lass sie suchen. Die Ukraine ist ein geeintes Land, wir besitzen eine einzige Staatsbürgerschaft, wir müssen sie nicht ändern. Hier erwarte ich nichts.

Unsere Politiker, Sie gehören dazu, haben erneut erklärt, dass wir kein Wasser auf die Krim liefern werden, solange sie besetzt ist...

Ja, das ist eine grundsätzliche Haltung: gibt es vollständige Deokkupation der Krim, wird die Wasserversorgung wiederaufgenommen werden. Wir werden der russischen Besatzungsregierung nicht helfen.

Und gibt es keine Angst, dass Putin, um Wasser zu bekommen, militärische, Gewalt- und erneut Blitzkrieg-Maßnahmen greifen wird?

Wir haben keine Angst. Wir sind bereit für alle Taten und Aktionen. Wir haben uns binnen 6 Jahren bereits abgewöhnt zu fürchten. Heute haben wir einen ganz anderen Zustand der Alarmbereitschaft, eine andere ukrainische Armee, die bereit ist, sich gegen den Feind zu wehren.

KONSULTATIV-RAT VERGESSEN UND MACHEN WIR WEITER

Die Frage der Gründung eines Beirats bei der politischen Gruppe im Rahmen der Trilateralen Kontaktgruppe, die in der ukrainischen Gesellschaft Ärger ausgelöst hat, wurde in Berlin, wie man uns sagte, nicht diskutiert. Glauben Sie, dass er trotzdem geschaffen werden kann?

Ich glaube nicht. Keine Antwort von deutscher Seite, von französischer, von der OSZE. Deshalb ist diese Frage nicht mehr sinnvoll. Vergessen und weitermachen.

Eine andere Idee, bezüglich der Vertreter der einzelnen Gebiete in den Regionen Donezk und Lugansk von der ukrainischen Seite, man schlägt vor, sie als geladene Gäste zur Arbeit der Trilateralen Kontaktgruppe heranzuziehen. Wird der Prozess hier vorangebracht?

Wir haben die Beratungen und Gespräche mit Kandidaten fast abgeschlossen, die an den Verhandlungen im Rahmen der Trilateralen Kontaktgruppe von der ukrainischen Seite als Gastvertreter teilnehmen werden.

Wird es zehn Personen geben?

Warum zehn? Vielleicht acht, vielleicht 16. Je nach Agenda. Wir haben vier Arbeitsgruppen. Das ist  keine Frage der Quantität, sondern eine Frage der Qualität.

In letzter Zeit werden Ideen ausgesprochen, dass das Budapester Memorandum eine Grundlage für Beratungen mit Ländern sein könnte, die seinerzeit die territoriale Integrität der Ukraine garantiert haben - außer Russland. Haben Sie das in Berlin gesagt?

Wir haben in Berlin vieles ausgesprochen. Aber Deutschland ist kein Mitglied dieses Memorandums, also ist es nicht die richtige Plattform. Aber wir haben während der Beratungen mit deutschen Kollegen eine potenzielle Partnerschaft mit den USA, Großbritannien und anderen Ländern der zivilisierten Welt erörtert.

Aber "Baba Jaga" (Hexe - Red.) wird dagegen sein... Russland wird alles blockieren...

Russlands Haltung, das einen Akt der Aggression gegen die Ukraine begangen hat, ist verständlich. Ich spreche von der Notwendigkeit, mit unseren Verbündeten zu beraten anfangen.

HOCHSCHULEN WARTEN AUF SCHULABGÄNGER AUS DEM OSTEN

Eine humanitäre Frage. Sieht man sich in den sogenannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk Programme des TV-Senders "Dom" (auf Deutsch "Haus" - Red.) an, die für Ukrainer ausgelegt sind, die in den vorübergehend besetzten Gebieten leben? Gibt es Daten über die Reichweite des Publikums? Haben Kinder dort die Möglichkeit, Bildungsprogramme des ukrainischen TV zu sehen, um sich auf die unabhängige Externe Prüfung vorzubereiten?

Jetzt habe ich keine Angaben, wie viele Leute Fernsehen sehen.

Sie wissen, dass Signale leider codiert sind. Wir haben gemäß den Beschlüssen der europäischen Institutionen das Signal codiert. Dies führt zu neuen Schwierigkeiten.

Aber wir erteilen Informationen auf jede Weise, damit alle Kinder, die die unabhängige Externe Prüfung nicht ablegen können, wissen, dass es Aufnahmemöglichkeiten für sie geben wird. Für heute sind in der Ukraine 91 Institutionen für Hochschulbildung bereit, auf deren Basis die Bildungszentren Krim-Ukraine und Donbass-Ukraine fungieren, sie ohne die unabhängige Externe Prüfung aufzunehmen. Wenn es um einzigartige Berufe geht, dürfen sie die Kontrollposten in Begleitung eines Elternteils überqueren und keine zweiwöchige Obduktion oder Selbstisolation durchführen.

Und zum Schluss: Glauben Sie persönlich überhaupt an die Möglichkeit, gravierende Verschiebungen zur Regelung im Donbass bald zu erzielen?

Ich bin ein Optimist. Wenn du nicht glaubst, was du tust, macht es keinen Sinn, das zu tun.

Hat jemand geglaubt, dass es im vergangenen Jahr einen Gipfel in Paris stattfindet und dem Minsker Prozess neuen Schwung verliehen wird? Wenige glaubten es. Hat jemand geglaubt, dass wir unsere Gefangenen freilassen können, auch die, die in Russland waren? Dass wir die Matrosen heimkehren? Dass wir unsere Schiffe zurückholen? Kaum jemand. Aber es ist geschehen. Deshalb glaube ich an das Gute. Ich bin überzeugt davon, dass man alles tun muss, um dann nicht zu bedauern, dass man etwas nicht getan hat.

Olga Tanassijtschuk, Berlin

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