Witali Wynnytschenko, Leiter der dritten Abteilung der SBU-Hauptverwaltung in Regionen Donezk und Luhansk
In den besetzten Gebieten ist ein Rückgang der Wirtschaft, eine Senkung des Lebensstandards, die Einschränkung der Rechte und Freiheiten der Bürger zu verzeichnen
03.12.2021 13:34

Die Region Luhansk (der von der Regierung der Ukraine kontrollierte Teil der Region Luhansk – Red.) lebt heute ein normalen Leben: Menschen gehen ins Geschäft, besuchen Konzerte, gehen in Parks spazieren, machen Ausflüge aufs Land. Gibt es aber gewisse Einschränkungen, so sind sie nicht auf den Krieg, sondern auf den Coronavirus zurückzuführen. Wie gelingt das mit unserer Offenheit? Offensichtlich gibt es hier jemanden, der feindselige Absichten zurückhält. Der Leiter der 3. SBU-Hauptverwaltung  (Sicherheitsdienst der Ukraine SBU – Red.) in den Regionen Donezk und Luhansk, Witali Wynnytschenko, hat zugestimmt, dem Korrespondenten von Ukrinform einige Details der Tätigkeit seiner Einheit mitzuteilen.

MERKMALE GEHEIMEN KRIEGES IN REGION LUHANSK

Witaliju Wolodymyrowytschu, ich gehe davon aus, dass der Nachrichtendienst in der frontnahen Regionen die größte Belastung unter den SBU-Einheiten trägt. Er widersteht den heimtückischen und mächtigen Feind - die Geheimdienste der Russischen Föderation. Wie greifbar ist seine Aktivität für Sie?

Der Feind versucht nach wie vor aktiv geheimdienstliche und subversive Aktivitäten zum Nachteil der Ukraine zu betreiben. Der Nachrichtendienst fixiert sowohl Mittelungen der Pseudo-Geheimdienste der sogenannten „Volksrepublik Luhansk“„LPR“, die von der Russischen Föderation regiert werden, als auch unmittelbar dire seitens der russischen Geheimdienste. Der Feind ist aktiv bei der Werbung der Bevölkerung, einschließlich in den unter Kontrolle der ukrainischen Behörden stehenden Gebieten.   

Haben sich seine Methoden geändert, wenn man sie mit dem Ausbruch des Krieges vergleicht?

Natürlich. Bei aktiven Kämpfen konzentriert sich der Feind vor allem auf die Suche nach Kanälen, um militärische Informationen zu erhalten. Momentan, wenn sich die Akzente im hybriden Krieg gegen die Ukraine in Richtung zur Erschütterung der gesellschaftspolitischen Situation verschoben haben, wird Spektrum an geheimdienstlichen Interessen des Feindes breiter. Außer dem Militärbereich prüfen sie die Tätigkeit der Behörden, der Rechtschutzorgane, der wichtigsten wirtschaftlichen und Infrastrukturobjekte u.ä. Der Gegner interessiert sich für Insider-Informationen bezüglich dieser Bereiche, für persönliche Angaben über diejenigen, die dort tätig sind.  

In den Jahren 2014-2015 waren gewöhnliche Einwohner, die die besetzten Gebiete besuchten, die wichtigsten Objekte für Werbearbeit. Es wurde nach Personen gesucht, die den Aggressor auf ideologischer Grundlage unterstützen, Informationen, die für ihn interessant sind, sammeln und weitergeben könnten. Unser Nachrichtendienst legt auch heute Dutzende von Versuchen offen, Bürger anzuwerben, wenn sie die Entflechtungslinie oder die ukrainisch-russische Grenze überqueren.

In den letzten Jahren hat sich jedoch auch ein anderer Trend herausgestellt. Der Gegner versucht Einflusspositionen in den Behörden der Ukraine zu schaffen. Es gibt nicht selten Versuche, ukrainische Beamte anzuwerben. Diese Versuche werden von Erpressung und Drohungen begleitet.

Wie werden die Werbeobjekte ausgewählt?

Nach dem alten Prinzip schwächsten Gliedes. In der Regel wählt der Feind in schutzbedürftigen Bevölkerungsschichten Werbeobjekte aus, insbesondere unter Mitarbeitern der staatlichen Einrichtungen, die in vorübergehend besetzten Gebieten Immobilien oder Verwandte haben. Vertreter der Geheimdienste des Gegners nehmen diese Menschen fest, wenn sie die Entflechtungslinie überqueren, schüchtern sie ein…Manchmal beginnen sie private Korrespondenz mit Beamten in Messengern und sozialen Netzwerken. Sie schüchtern ein, überreden, ihnen bestimmte Informationen zu schicken. Bekannter Fall: feindliche Geheimdienste versuchten, einen nahen Verwandten eines Beamten zu „verarbeiten“, ihn sogar dazu zu bringen, sein Familienmitglied auszuspionieren. Ein falscher Schritt und der Mensch kann sein Leben für immer kaputt machen, sowohl selbst als auch seinen Angehörigen. Im Falle solcher Kontakte ist den SBU unverzüglich zu informieren, um rechtzeitig reagieren zu können.

VERBRECHERISCHE NEUGIER

Ist der Feind doch am meisten daran interessiert, Informationen über die ukrainischen Streitkräfte zu erhalten?

Im Laufe der Zeit werden Mitteilungen der Nachrichtendienste nicht geschwächt, sondern sogar umgekehrt verstärkt. Der Gegner versucht, Angaben bezüglich der Streitkräfte der Ukraine, ihrer Bewegungsrouten, der neuesten Bewaffnungsarten u.ä. zu erhalten. Es wurden auch mehrere Versuche der Werbung unserer Armeeangehörigen festgestellt. Und nicht nur das, der Aggressor versucht nun, Drittstaatsangehörige in Spionageaktivitäten einzubinden. Im August dieses Jahres hat unser Nachrichtendienst einen Bürger eines der Länder im postsowjetischen Raum auf frischer Tat festgenommen, der Spionage zugunsten des russischen Militärgeheimdienstes GRU betrieben hat.

Gegen den Ausländer wurde gemäß dem Artikel 114 des Strafgesetzbuches der Ukraine (Spionage) einen Verdacht angekündigt. Er wird in Haft gehalten.

Der Agent wurde mehr als ein halbes Jahr überwacht. Der Ausländer reiste in regelmäßigen Abständen in die Gebiete der militärischen Einrichtungen. Er führte Aufklärung und machte Aufnahmen. Dazu knüpfte er persönliche Kontakte zum Militär und versuchte, Militärangehörige zum Hochverrat zu neigen. Für seine „Arbeit“ wurde er bezahlt. Außerdem versprachen ihm die Kuratoren, später bei der Erlangung der russischen Staatsbürgerschaft mitzuwirken. Der Ausländer wurde bereits nach Art. 114 des Strafgesetzbuches der Ukraine (Spionage) verdächtigt. Er sitzt in Untersuchungshaft. Die vorgerichtliche Untersuchung läuft.

Ein weiteres aufsehenerregendes Beispiel betrifft die Aktivitäten der Nachrichtendienste in der Region Luhansk. Gestoppt wurde das Agentennetz der sogenannten „MGB LNR“ (Ministerium für Staatssicherheit der sogenannten „Volksrepublik“ LNR – Red.). Feindliche Agenten, auch für eine finanzielle Belohnung, sammelten Informationen und leiteten sie an ihre Kuratoren weiter. Es ging um Einheiten der Streitkräfte der Ukraine, die an der Operation der Vereinigten Kräfte eingesetzt wurden. Und bei der vorgerichtlichen Untersuchung wurde festgestellt, dass Mitglieder des Agentennetzes unter anderem einen Terrorakt am Einsatzort einer der Einheiten der Streitkräfte der Ukraine vorbereiteten. Geplant wurde die Vergiftung von Armeeangehörigen mit Chemikalien. Die Untersuchung in diesem Fall ist noch nicht abgeschlossen.

Letztes Jahr wurden fünf Teilnehmer der russisch-terroristischen NWF (illegale bewaffnete Formierungen – Red.) im Jahr 2021 weitere neun festgenommen. Hinter diesen Ziffern stehen konkrete Menschen, manchmal ziemlich komplizierte operative Kombinationen betreffs des Abzugs der Kämpfer aus den vorübergehend besetzten Gebieten und der Heranziehung sie zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Im vorigen Jahr wurden fünf Mitglieder der NWT zu verschiedenen Fristen verurteilt. Eine Person wurde wegen Hochverrats, zwei weitere wegen illegaler Beförderung von militärischen und Dual-Use-Gütern über die Grenze verurteilt. Im Jahr 2021 ist die Rede bereits von vier Strafurteilen. Der reale Beitrag der Geheimdienstoffiziere zum Widerstand gegen die hybride Aggression ist schwer zu überschätzen.

Bevor ich antworte, ist es erwähnenswert, dass der Begriff „Kriegsverbrechen“ im Strafgesetzbuch der Ukraine fehlt. Es gibt einen Abschnitt über militärische Straftaten. Es ist aber ein bisschen anders. Einige Artikel haben jedoch tatsächlich Beziehung auf Kriegsverbrechen. Allein nach Art. 437 (Planung, Vorbereitung, Entfesselung und Führung eines aggressiven Krieges) und 438 (Verletzung von Kriegsgesetzen und Kriegsgebräuchen) des ukrainischen Strafgesetzbuches wurden von beinahe 70 Strafverfahren vor Gericht ermittelt.

Gemäß dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs sind Beschießungen, Terroranschläge, Verwendung der Waffen seitens des Aggressors, die durch internationale Übereinkommen verboten sind, Folter und grausame Handlungen, vorsätzliche Tötung, rechtswidrige Freiheitsberaubung, vorsätzlicher Angriff auf die Zivilbevölkerung, auf zivile Objekte, bedeutungslose und nach der Menge bedeutsame Zerstörung des Eigentums, die Mobilisierung der Bevölkerung in den durch das Aggressor-Land besetzten Gebieten und vieles anderes Kriegsverbrechen. Die Liste ist sehr groß. Und die meisten dieser Verbrechen wurden gegen die Ukraine begangen.

Aber wenn das Strafgesetzbuch keine Verantwortung für Kriegsverbrechen vorsieht, wie werden sie in rechtlicher Hinsicht qualifiziert? Wie qualifiziert man Beschießungen? Oder Einsatz verbotener Waffen?

Wir agieren ausschließlich im Rahmen der ukrainischen Gesetzgebung, orientieren uns an rechtlichen Instrumenten, worüber wir verfügen. In der Regel wird nach feindlichen Beschießungen ein Strafverfahren nach Art. 258 des Strafgesetzbuches der Ukraine eingeleitet - terroristischer Akt. Nehmen wir beispielsweise zahlreiche Beschießungen der Stellungen des ukrainischen Militärs und der Grenzsiedlungen 2014 aus dem Gebiet der Russischen Föderation. Es ist klar, dass es sich um Kriegsverbrechen handelt, die nicht ohne rechtliche Reaktion bleiben können. Wir alle erinnern uns an die Ortschaften Dmytriwka, Pobeda, Selenopillja in der Region Luhansk, die Synonyme der Tragödie wurden. Der Aggressor setzte Mehrfachraketenwerfersysteme Smertsch, Uragan, Geschützartillerie ein. Viele Menschen sind ums Leben gekommen, Siedlungen wurden völlig zerstört. Bereits in diesem Jahr wurde Chutir Wilnyj abgefeuert. Die Besatzer haben auch im Wohnsektor Minen ferngelegt. Ein älterer Mann ist gestorben, als eine Splittermine in seinem Hof explodierte.

Wurde verbotene Munition eingesetzt?

Ja. Unsere Ermittler fanden heraus, dass es Antipersonenminen POM-2 waren. Diese Minen werden nur aus der Ferne verlegt. Sie wurden durch die Ottawa-Konvention verboten (Ottawa- Übereinkommen von 1997 über Einsatz, Entwicklung, Herstellung, Lagerung und Weitergabe von Antipersonenminen). Die Minen sind im Dienst der russischen Armee und werden aktiv von terroristischen Formationen, die die Russische Föderation kontrolliert, genutzt.

KEINE VERJÄHRUNG

Diese Tatsache ist keine Ausnahme: Der Einsatz der von internationalen Rechtsakten verbotenen Waffen und Munition werden vom hybriden Aggressor weit verbreitet. So ist nicht selten der Einsatz von russischen Antipersonen- Sprengminen PMN-2. Zum Beispiel haben Pioniere der Vereinigten Kräfte im letzten Sommer in der Nähe des Dorfes Sholobok 50 Quadratmeter vermintes Gelände entdeckt. Entschärft wurden 157 Minen. Der Gegner hat auch den Sprengsatz NWU-P „Ochota“ eingesetzt. Einer dieser Sprengsätze wurde nahe der Ortschaft Nowotoschkiwka verlegt. Dieser Sprengstoff der russischen Produktion steht im Dienst der Streitkräfte der Russischen Föderation. Dessen Verwendung ist durch das Ottawa-Übereinkommen verboten.

Operative Ermittlungsteams des SBU kommen zu den Orten des Beschusses, der Anschläge, zu den Minenräumungsgebieten. Ist dieser Job gefährlich?

Ja, natürlich. Anfang September wurde die SBU-Ermittlungsgruppe im Dorf Trjochizbjonka von Besatzungstruppen beschossen. Die Jungs sind dorthin gefahren, um Ermittlungen im Zusammenhang mit dem feindlichen Beschuss am Vortag durchzuführen. Beschädigt und zerstört wurden militärische und zivile Objekte, Wohnhäuser. Die Ermittler befragten gerade die Bewohner der beschädigten Häuser, als der Mörserbeschuss aus dem vorübergehend besetzten Gebiet erneut begann. Er dauerte zehn Minuten, war aber sehr intensiv. Glücklicherweise wurde niemand verletzt.

Und was ist mit den Personen, die Kriegsverbrechen begangen haben, die sich in besetzten Gebieten verstecken? Besteht die Aussicht, sie jemals strafrechtlich zu verfolgen?

In der Tat befinden sich sowohl Angeklagt als auch Zeugen der Verbrechen oft in den vorübergehend besetzten Gebieten oder im  Aggressor-Land. Dies macht die Untersuchung dieser Fälle besonders schwierig und spezifisch. Dies kann wirklich viel Zeit in Anspruch nehmen. Andererseits dauerte die Suche nach Kriegsverbrechern nach dem Zweiten Weltkrieg mehrere Jahrzehnte. Sie wurden auf der ganzen Welt auch in den 1980er Jahren und später gefunden. Und sie standen vor Gericht.

Im Mai dieses Jahres verabschiedete die Werchowna Rada (Parlament – Red.) ein Gesetz, das die Umsetzung der internationalen strafrechtlichen und humanitären Vorschriften über die strafrechtliche Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorsieht. So müssen die Vorschriften des ukrainischen Strafgesetzbuches mit internationalen Menschenrechtsnormen in Einklang gebracht werden. Übrigens finden die Verjährungsfristen keine Anwendung auf Kriegsverbrechen. Diese gesetzgeberische Innovation wird sicherlich unseren Ermittlern bei der Dokumentierung und Untersuchung von Kriegsverbrechen helfen, die vom hybriden Aggressor in der Region Luhansk begangen wurden. Und den Menschen, die von Kriegsverbrechen betroffen sind, wird sie Hoffnung geben, dass die Täter schließlich auf der Anklagebank sitzen werden. Die Strafe wird unwiderruflich sein.

Landen Straftäter, nach denen der SBU sucht, oft auf Anklagebank?

In zwei Jahren haben unsere Mitarbeiter 12 Straftäter gefunden und festgenommen. Es handelt sich vor allem um Kämpfer der russisch-terroristischen illegal bewaffneten Formationen, ihre Gehilfen, Organisatoren und aktive Teilnehmer des antiukrainischen „Referendums“ von 2014. Die meisten von ihnen wurden bereits zu verschiedenen Haftstrafen verurteilt.

Ein Resonanzfall: der Bewohner von Rowenky wurde ab März 2020 als Kämpfer der prorussischen illegal bewaffneten Formationen gesucht. In vier Monaten haben wir ihn in Sewerodonezk festgenommen. Er versuchte einen Sabotageakt im chemischen Kombinat Azot zu verüben, indem er einen Ammoniakbehälter sprengte. Es wurde festgestellt, dass ein Kurator des Geheimdienst FSB der Russischen Föderation seine Handlungen leitete. Der Täter wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt.

 «WOFÜR GEKÄMPFT WURDE…»

Überwacht der SBU die Situation in besetzten Gebieten? Wie kann man sie kurz charakterisieren?

Wenn es ganz kurz ist, kann sie als Stagnation und Imitation in allen Lebensbereichen definiert werden. Die Situation in den vorübergehend besetzten Gebieten wird heute durch Wirtschaftsrückgang, eine erhebliche Senkung des Lebensstandards, Einschränkung der Rechte und Freiheiten der Bürger gekennzeichnet. Die vorübergehend besetzten Gebiete hängen vollständig von der russischen Finanzierung ab. Der größte Teil der Produktion der Unternehmen, die von prorussischen Militanten angeeignet worden sind, ist nicht rentabel, legal können sie zu einem niedrigen Preis nur über einige „Dichtungsfirmen“ verkauft werden. Das Ergebnis sind miserable Löhne, Schulden bei Arbeitnehmern, vollständiges wirtschaftliches Versagen ohne Finanzspritze seitens der Russischen Föderation.

In den vorübergehend besetzten Gebieten fehlen Zivilgesellschaft, demokratische Institutionen wie jede Opposition gegen die „Regierung“. 

Nachahmung des gesellschaftlichen Lebens wird unter strenger Kontrolle von russischen Kuratoren durchgeführt, die direkten Einfluss auf die Führung der sogenannten "Volksrepublik“ LPR haben. Ziel ist es, keine Oppositionstätigkeit zu zulassen.

Aber im September dieses Jahres haben die Besatzer eine große Kampagne durchgeführt, damit die Bewohner der vorübergehend besetzten Gebiete bei den Wahlen zur Staatsduma der Russischen Föderation teilnehmen. Nach den vorliegenden Informationen plante der Kreml, mehr als eine halbe Million Stimmen in den „Volksrepubliken“ DNR und LNR zu erhalten. Tatsächlich gelang es aber, eine „Wahlbeteiligung“ von etwa 200.000 „Wählern“ zu sichern. Es ist bemerkenswert, dass die Russe nach der Abstimmung die Passvergabe an die Einwohner der „Volksrepubliken“ DNR und LNR eingestellt haben.

Das rechtswidrige Vorgehen der Organisatoren der „Wahlkampagne“ wird im Rahmen der früher eingeleiteten Strafverfahren dokumentiert. Das Material wird an die zuständigen internationalen Behörden weitergeleitet.

Warum protestieren die Menschen nicht?

Sie protestieren. Während der gesamten Besatzungszeit herrscht in den sogenannten „Volksrepubliken“ DNR und LNR permanente Protestaktivität der Bevölkerung. Dies ist auf eine erhebliche Verschlechterung des Lebensstandards und Enttäuschung bezüglich der Lehre der „russischen Welt“ zurückzuführen. In diesem Jahr dauerte der Streik im Hüttenkombinat in Altschewsk mehrere Monate. Die „Wirtschaftstätigkeit“ der Besatzer hat eines der am meisten modernisierten Unternehmen in Europa zum kompletten Niedergang gebracht. Bergleute haben letztes Jahr massiv gestreikt. Doch die Atmosphäre der totalen Angst vor Bestrafung, das Militärregime und  gewaltsame Unterdrückung von Protesten sind bisher in der Lage, die Streikbewegung zu begrenzen.

Die sogenannten „Strafverfolgungsbehörden“ haben sehr breite Befugnisse, um die Existenzbedrohung für das Besatzungsregime zu verhindern. Menschenrechte und Freiheiten gibt es nur auf dem Papier.

Die verfügbaren Informationen deuten jedoch auch auf eine Verschlechterung der Bedingungen für den „Wehrdienst“ in der sogenannten „Volksrepublik“ LNR hin. Zu verzeichnen sind die rückläufige Finanzierung, der Personalabbau im sogenannten „Armeekorps 2“, die Zurückhaltung, „Verträge“ über Militärdienst zu verlängern.

DAS ZEITALTER DES WANDELS

Während der Diskussion über die Reform des SBU wurde viel darüber gesprochen, dass die Arbeit des Geheimdienstes nicht auf den wirtschaftlichen Bereich ausgedehnt werden sollte. Stimmen Sie dieser Meinung zu? Hat der SBU drängende Aufgaben für die Wirtschaft der Region Luhansk?

Nach der Reform wird man sich wirklich auf den Nachrichtendienst, den Kampf gegen Terrorismus und Cyberbedrohungen, den Schutz des Staatsgeheimnisses, der staatlichen Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine konzentrieren. In der neuen Struktur des SBU wird es keine Einheiten zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität in der derzeitigen Form geben.

Unser Kompetenzbereich bleibt jedoch die Nachrichtenarbeit und Anti-Terror-Schutz kritischer Infrastruktureinrichtungen. Dies ist die Praxis vieler europäischer Geheimdienste. Gemeint ist nicht nur die Bereitschaft, gegen Cyberangriffe zu widerstehen, sondern auch die Lokalisierung anderer Bedrohungen - terroristischer, seitens der Geheimdienste und dergleichen. Sehr wichtig ist für uns auch, die Finanzierung der Besatzungsadministration der Russischen Föderation in de vorübergehend besetzten Region Luhansk zu verhindern.

In den letzten Jahren hat die Ermittlungsabteilung der SBU-Verwaltung in der Region Luhansk 85 Strafverfahren nach Artikel 110-2 (Finanzierung von Maßnahmen zur gewaltsamen Änderung oder zum Sturz der verfassungsmäßigen Ordnung oder zur Ergreifung der Staatsgewalt, Änderung der Grenzen innerhalb des Landes oder der Staatsgrenze der Ukraine) und 258-5 (Finanzierung des Terrorismus) eingeleitet. Für drei Personen aus der Besatzungsverwaltung wurde ein Einreiseverbot verhängt.

Außerdem wurden seit Anfang dieses Jahres mehr als 30 russische Unternehmen gegründet – Kontrahenten der von den Besatzern ergriffenen Unternehmen in den sogenannten „Volksrepubliken“. Dadurch gelangen Produkte auf die Märkte der Russischen Föderation und in Drittländer. Der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat (RNBO) entscheidet nun über die Anwendung restriktiver Sanktionen gegen diese Unternehmen.

Gegenwärtig beschäftigt sich eine Abteilung des Inlandsnachrichtendienstes ausschließlich mit wirtschaftlicher Sicherheit. Unsere Ermittler und Mitarbeiten nehmen an Ermittlungen und Durchführungen von Ermittlungsaufträgen anderer Strafverfolgungsbehörden teil.

Erzählen Sie bitte über die Tätigkeit zum Schutz der staatlichen Informationsressourcen in der Region.

Es ist zu beachten, dass im Cyberspace nicht „Amateur-Hacker“ gegen uns agieren, sondern die Geheimdienste der Russischen Föderation, vor allen Dingen der Geheimdienst FSB und das von FSB kontrollierte „Ministerium für Staatssicherheit LNR“. Allein seit Jahresbeginn haben unsere Cyber-Spezialisten mehr als 160 Cyberangriffe festgestellt. Angreifer haben versucht, sich unbefugt in eine der Abteilungen der Gebietsverwaltung durch den Einsatz von Schadprogrammen einzumischen. Dies ermöglichte unter anderem den Zugang zu den staatlichen elektronischen Ressourcen der Exekutivbehörden. Dank der SBU-Aktivitäten werden Cyber-Bedrohungen rechtzeitig neutralisiert und die elektronische Ressource wurde wieder in Betrieb genommen.

Es ist bedauerlich, dies zu akzentuieren, aber die Bedingungen für Cyber-Aufklärungsaktionen der russischen Geheimdienste werden nicht selten von Mitarbeitern staatlicher Institutionen und kritischer Infrastruktur geschaffen. Manche nutzen den VPN-Dienst. Sie verwenden PCs am Arbeitsplatz. Sie besuchen die Seiten Odnoklassniki und Vkontakte, gegen die Sanktionen verhängt worden sind. Dies ermöglicht russischen Geheimdiensten ungehinderten Zugriff auf dienstliche Korrespondenz, da sie vollen Zugriff auf Server dieser sozialen Netzwerke haben.

Im vergangenen Jahr kam es zum Beispiel aufgrund der Fahrlässigkeit einzelner Beamter zu einem unbefugten Zugriff auf das Netzwerk einer Abteilung der Gebietsverwaltung. Dies hatte „Leaken“ von Dienstinformationen und deren weiteren Einsatz durch russische Geheimdienste im Informationskrieg gegen die Ukraine zur Folge. Die Umstände des Cyber-Vorfalls werden im Rahmen eines Strafverfahrens untersucht.

Die Region Luhansk steht an vorderster Front gegen hybride Aggression, deren wichtiges Element der Informationskrieg, der Krieg der Bedeutungen ist. Wirkt der SBU in der Region Lugansk dem Informationsangriff entgegen? Auf welche Weise?

Die Bekämpfung der Informationsaggression der Russischen Föderation ist eine der Prioritäten unserer Tätigkeit. Seit Beginn dieses Jahres wurden mehr als 150 anti-ukrainische Internet-Agitatoren und ihre Informationsressourcen - Community, Seiten in sozialen Netzwerken und dergleichen - identifiziert und deren Aktivitäten eingestellt.

Die Verwaltung entwickelt komplexe Maßnahmen gegen destruktive Tätigkeit der Besatzungsverwaltung der Russischen Föderation in den sogenannten „Volksrepubliken“. Unsere Vorschläge werden der Führung der Ukraine, dem RNBO und zuständigen Ministerien vorgelegt. Sie betreffen Ausbreitung von Fernseh- und Rundfunksendungen auf die vorübergehend gesetzten Gebiete, Störung des feindlichen Fernsehe- und Funksignals.

Das heißt, es wird systemisch und rund um die Uhr gearbeitet. Wir haben Ansätze in vielerlei Hinsicht geändert. Und jetzt ist ein großer Teil unserer Arbeit, proaktiv zu handeln, wenn wir ein Verbrechen noch in der Vorbereitungsphase verhindern. Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) wird reformiert, ohne auf das entsprechende Gesetz zu warten. Realien des Krieges bringen uns dazu, besser zu werden, damit die Ukraine unteilbar und einheitlich ist und unsere Kinder und Angehörigen ruhig schlafen können.

*   *   *

Während unseres Gesprächs mit Witali Wolodymyrowytsch wurde bekannt, dass Besatzungstruppen Trjochizbjonka erneut beschossen haben. Erneut wurden Wohnhäuser und andere zivile Objekte beschädigt. Und Ermittler der SBU sind zum Tatort angekommen. Dies bedeutet, dass sie mehr arbeiten dürfen.

Mychajlo Bublyk, Sewerodonezk

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