Oleksander Nossow, der stellvertretende Verteidigungsminister der Ukraine, Mitglied des Aufsichtsrats von Ukroboronprom
Lobbyarbeit privater Produzenten fühlt sich sehr stark an: von einer Bitte bis zu Bedrohungen
16.09.2021 12:25

Oleksander Nossow wurde im Mai zum Aufsichtsratsmitglied des Konzerns Ukroboronprom (der staatliche Rüstungskonzern – Red.) und im August zum stellvertretenden Verteidigungsminister ernannt. Und dies war eine Ernennung, die in der Berufsgemeinschaft zu verhaltenem Optimismus geführt hat. Er ist der ehemalige Geheimdienstler, Oberst der Reserve (verließ den Dienst, als Janukowytsch an die Macht kam), Hersteller der Militärtechnik, ist in Industrie- und Militärkreisen gut bekannt. Übrigens sollte er dreimal zum Mitglied des Konzerns ernannt werden: zum ersten Mal noch unter Petro Poroschenko, das zweite und das dritte Mal bereits bei der neuen Regierung. Und die Ernennung kam zustande, da Wolodymyr Horbulin, wie man sagt, auf seine Kandidatur für den Aufsichtsrat persönlich bestanden habe.

Seinerzeit antwortete Oleksander Nossow auf die Bitte um ein Interview, dass es nachdem stattfinde, „wenn konkrete Schritte gemacht werden, da die Wirkung seiner Arbeit konkrete Ziffern habe“. Drei Monate, 12 Wochen sind ausreichend, um über etwas zu sprechen.

ES GIBT KEINEN VERRAT, ES GIBT ETWAS ANDERES: ZU VIEL BÜROKRATIE BEIM DOKUMENTENDURCHLAUF - BIS HIN ZUM CHAOS

Oleksandre Hryhorowytschu, Scheitern des Verteidigungsauftrags ist wohl zum Hauptthema der Kritik an der Regierung in der vorigen Saison gewesen. Ist die Verteidigungsbeschaffung wirklich verzögert und was ist diesem vorausgegangen?

Diese Frage muss man komplett beantworten. Zum ersten gibt es keine Verzögerung. Der stellvertretende Verteidigungsminister ist für Richtungen bezüglich der Gestaltung der staatlichen Politik im Militär-technischen Bereich zuständig. Mehr als 17 Milliarden Hrywnja von 22,4 Milliarden des Gesamtfonds dieses Bereichs sind für heute verwendet. Bezüglich der verbleibenden 5,5 Milliarden verpflichtet sich das Verteidigungsministerium planmäßig für  jeden Tag und alles wird pünktlich erledigt.

Der Verteidigungsauftrag wird in diesem Jahr rechtzeitig erfüllt. Und dies ist (ungeachtet der unbegründeten Kritik) erzielt worden, da erstens die Verträge, 60% der Gesamtwert, noch im Dezember 2020 sofort nach der Annahme des Staatshaushaltes 2020 abgeschlossen worden waren. Eben bezüglich dieser Verträge gab es keine Probleme betreffs der  Nichtübereinstimmung einiger Positionen des neuen Gesetzes „Über die Verteidigungsbeschaffung“, da diese im Dezember gemäß dem Gesetz der Ukraine „Über den staatlichen Verteidigungsauftrag“ abgeschlossen wurde.

Experten und besonders Nichtregierungsorganisationen, die die zivile demokratische Kontrolle der Streitkräfte ausüben, müssen verstehen, dass es in einem Verteidigungsauftrag zwei Verpflichtungen gibt: einerseits das Verteidigungsministerium, das sich verpflichtet, zu zahlen, und  zahlt im Voraus. Andererseits sind dies Auftragnehmer und Lieferanten, die sich verpflichten, die Produktion zu liefern und Arbeiten rechtzeitig und qualitativ auszuführen. Hier ist Disbilanz zu verzeichnen. Hat das Verteidigungsministerium  bereits eine Verpflichtung von 17 Milliarden, von denen mehr als 13 Milliarden bereits im Voraus bezahlt worden sind, so wurden höchstens 50% Produktion und Dienstleistungen geliefert. Aber es ist noch genug Zeit bis zum Ende des Jahres, die Verträge laufen und wir hoffen, dass unsere Streitkräfte alles rechtzeitig bekommen, was sie für dieses Jahr bestellt haben.

Zweitens. In der ersten Hälfte des Jahres hatte die Expertenumgebung tatsächlich Gründe, so zu glauben (dass die staatlichen Aufträge nicht erfüllt werden - Red.) im Zusammenhang mit der uneindeutigen Auslegung einiger Bestimmungen des neuen Gesetzes „Über die Verteidigungsbeschaffung“, die zur Blockierung von ziemlich komplizierten und systemischen Verfahren der Regelung des Haushaltsgesetzbuches geführt haben, die früher stabil funktionierten.

Durch Verordnungen des Ministerkabinetts der Ukraine im laufenden Jahr wurden allerdings viele Fragen geregelt und die Arbeit zur Planung systematisiert. So ist es zurzeit im Großen und Ganzen allen alles klar und die Arbeiten laufen planmäßig.

Gibt es also keinen Verrat?

Verrat? Dieses Wort passt hier überhaupt nicht. Es gibt keinen Verrat.

Es geht hier um ganz anderes – „zu viel Bürokratie beim Dokumentendurchlauf - bis hin zum Chaos“.  Beschlüsse, die innerhalb von 24 Stunden in nichtmilitärischen Unternehmensstrukturen gefasst werden, können hier im Laufe des Monats gefasst werden und daher keine „Ergebniszahlen“ haben.

Viele Offiziere, Angestellte, hochgestellte Führungskräfte und Führungskräfte im Mittelstand haben keine Motivation zu Verbesserung. So war es auch früher, als ich noch gedient habe. Innerhalb von zehn Jahren meiner Unternehmenstätigkeit und wichtiger historischer Änderungen im Staat musste, kam es mir vor, auch das Verwaltungssystem in der Armee auf Stabsebene wesentlich verändert werden. Es stellte sich heraus, dass ich mich geirrt habe.

Die Bürokratie muss es geben, ohne sie auf keinerlei Weise, sie ist die Grundlage eines jeden Staates. Aber sie muss optimal an die Herausforderungen angepasst werden, die zu bewältigen sind. In der Tat sehe ich keine Optimierung, sondern Anpassung daran, um Bedingungen für Vermeidung der sogenannten „kollektiven Verantwortungslosigkeit“ seitens der Amtspersonen zu schaffen. Selbst nicht wichtige Dokumente müssen vom Stellvertreter ober Minister unterzeichnet werden. Jeden Tag werden Hunderte von Entwürfen und Aufträgen auf den Tisch gelegt, wo es bereits ein Dutzend Unterschriften gibt, aber du musst sie auch unterschreiben. Das System ist so aufgebaut: wer höher gestellt ist, der ist verantwortlich. Es ist ein schreckliches postsowjetisches System, in dem der Chef damals versuchte, die Kontrolle über alles zu haben, ohne jemandem die Befugnis zu delegieren, persönlich für seine Verwaltungsbereiche verantwortlich zu sein.

Es ist wichtig für mich zu bestimmen, wie und was in welchem Prozess zu ändern ist. Und ich versuche, dies zu tun.

Ich war übrigens sehr angenehm überrascht, als ich vor ein paar Tagen während der Arbeitsberatung bei Andrij Wassyljowytsch (Taran, Verteidigungsminister der Ukraine  - Red.) dem Oberbefehlshaber, dem Generalleutnant Walerij Salushnyj vorgeschlagen habe, die Abwicklungsanordnung für bestimmte Materialien zu ändern, um die Prüfung zu beschleunigen. Diese Veränderung ist ziemlich revolutionär, das Militär hat sie nicht sofort wahrgenommen, die Details werde ich nicht beschreiben. Ehrlich gesagt, habe ich erwartet, dass der Oberbefehlshaber als ein durchaus Militärangehöriger entweder die Entscheidung verschiebt, oder einen Grund findet, die nicht militärische Frage zu ignorieren. Aber er hat geantwortet: „Ich zerbreche mir den Kopf, wie dies zu ändern ist. Natürlich unterstütze ich, ja!“.

Deswegen gibt es Hoffnung. Und die Motivation wird selbst entstehen, wenn die Menschen an reale Absichten und Fähigkeit der Führung des Verteidigungsministeriums glauben werden.

Zurück zum Verteidigungsauftrag.  Und wie war das möglich und was genau wurde geregelt, um dessen Scheitern zu vermeiden?

„Man kann die Relativitätstheorie in einfachen Worten nacherzählen, aber es wird drei Tage dauern. Wenn Sie bereit sind zu hören, beginne ich“, so sagte einst Einstein, als er gebeten wurde, die Theorie für die Menge zu erzählen.

Aber ich werde versuchen, Ihre Aufmerksamkeit auf ein paar Aspekte (obwohl es sie im ukrainischen Gesetz „Über die Verteidigungsbeschaffung“ sehr viele gibt) zu lenken, die nicht in unsere Kodexe, andere Gesetze, in die Realität passen.

Erstens muss ich sagen, dass spezielle Gesetze, die 24-Stunden-Service zur Verteidigung des Staates regeln, zukünftig alles und sofort NICHT ändern müssen. Im Gegensatz zu akademischen und grundlegenden Gesetzen sind Anwendungsgesetze lebendige Strukturbildungen, die ständig verbessert, verändert, aber nicht ganz ersetzt werden müssen, nicht zu töten, was funktioniert, sondern zu unterstützen, zu korrigieren aufgrund einer Situation, die sich ständig ändert.

Zum Beispiel das Einfachste. Unterpunkt 10, Punkt 1, Artikel 1. „Staatliche Auftraggeber im Verteidigungsbereich, Zentralbehörden der Exekutive, die vom Ministerkabinett der Ukraine bestimmt sind, andere staatliche Behörden, militärische Formierungen, die nach Gesetzen der Ukraine gebildet wurden“. Die entsprechende Verordnung Nr. 363 vom März dieses Jahres definiert „keine“ militärische Einheit. Das Verteidigungsministerium und die Streitkräfte der Ukraine sind ganz unterschiedliche Subjekte gemäß dem Haushaltsgesetzbuch, dem Wirtschaftsgesetzbuch, dem Zollgesetzbuch und anderen. Die Streitkräfte der Ukraine gehören nicht dem Verteidigungsministerium, wie das viele meinen. Das Verteidigungsministerium verwaltet nur die Streitkräfte der Ukraine, nicht mehr.

Deshalb können die Streitkräfte der Ukraine, und das sind gegenwärtig Hunderte Truppenabteilungen und Militäreinrichtungen, dieses Gesetz nicht anwenden.

Wenn dieser Absatz wie folgt lauten würde: „Staatliche Auftraggeber im Verteidigungsbereich - militärische Einheiten, die gemäß den Gesetzen der Ukraine gebildet und Zentralorgane der Exekutive, die vom Ministerkabinett der Ukraine festgelegt wurden, andere staatliche Behörden“, dann würden sich viele Probleme von selbst lösen. Details sind das Wichtigste in der Gesetzgebung.

Wie haben wir das geschafft? Einheiten und Einrichtungen der Streitkräfte der Ukraine gelten gemäß dem Gesetz der Ukraine „Über die öffentliche Beschaffung“. Die Summen und Bedingungen sind sehr begrenzt, während die Zentralbehörden der Streitkräfte der Ukraine im Namen des Verteidigungsministeriums der Ukraine agieren.

Aber das stimmt nicht ganz. Sie alle sind juristische Personen, die durch keine Unternehmensbeziehungen miteinander verbunden sind. Sie verwalten eigenständig Haushaltsmittel.

Oder ein anderes Beispiel. Unterpunkt 29, Punkt 1, Artikel 1 des Gesetzes der Ukraine „Über die Verteidigungsbeschaffung“ weist darauf hin, dass Rüstungsgüter u.a. „Computer-, optische und andere Technik sind “. Weder das Verteidigungsministerium noch die Streitkräfte der Ukraine dürfen also gemäß dem Gesetz der Ukraine „Über die öffentliche Beschaffung“ durch ProZorro (ukrainisches Beschaffungssystem – Red.) etwas beschaffen, was als „Technik“ oder „Computer“ bezeichnen werden könnte. Ich weiß, dass der Initiator dieses Artikels eigentlich eine andere Wortverbindung meinte: „Computer-, Optik- und sonstige Technik, die zur militärischen und speziellen Technik gehört“. Aber das Endergebnis war so.

Ich habe nur Beispiele des ersten Artikels angeführt!

VERTRETERN PRIVATER KOMMERZIELLER STRUKTUREN, DIE AN EINEM VERTEIDIGUNGSAUFTRAG TEILNEHMEN ODER TEILNEHMEN WOLLEN, DER ZUTRITT ZUM VERTEIDIGUNGSMINISTERIUM VORÜBERGEHEND UNTERSAGT

Man hat es immer wieder von Vertretern verschiedener Unternehmen gehört, dass einige, indem sie an Ausschreibungen des Verteidigungsministeriums teilnehmen, am häufigsten gewinnen. Geht es um Lobbyarbeit für bestimmte Hersteller?

Lobbyarbeit, besonders privater Produzenten, fühlt sich sehr stark an. Von einer Bitte bis zu Bedrohungen. Es geht auch um Vorschläge, sich „mit jemandem unbedingt zu treffen, da es für die Verteidigung durchaus notwendig sei“. Es geht auch um Schlussfolgerungen der „Analytiker“, wie viel und was die Streitkräfte bedürfen, wie es sein sollte, und dass alle im Verteidigungsministerium „Narre“ seien. Es gebe aber gewisse Leute, die Bescheid wissen.   

Ich habe das verstanden, ich wusste das. Ich habe früher persönlich im Büro des Präsidenten diesen emotionalen Druck erlebt. Und wenn durch dich versucht wird, eine Person zu beeinflussen, die direkt entscheidet, bin ich es gewöhnt, auch Bekannten ein Nein zu sagen.

Deshalb ist es leicht für mich, dies zu entscheiden, weil ich meine eigene Produktion hatte, die ich bei Nullpunkt ins Leben gerufen, ausgebaut habe. Meine Produktion funktionierte viele Jahre lang.  

Ich verstehe sehr gut, wovon sich Direktoren leiten lassen, was Besitzer denken, ihre Aussagen leicht pariert zu haben: wie zum Beispiel, „wir alle beschäftigen uns mit einer Sache“, oder „das Schicksal des Vaterlandes ist überalles“, oder „unser Unternehmen ist das Beste“. Sie motivieren mich zu emotionalen, d.h. falschen Managemententscheidungen.

Binnen mehr als drei Wochen im Amt des stellvertretenden Ministers habe ich persönlich fünf Direktoren der staatlichen Unternehmen empfangen. Und sie alle sind ausnahmslos Schuldner gegenüber dem Verteidigungsministerium, alle haben ihre Verpflichtungen nicht rechtzeitig eingehalten, allen drohen Strafen, Sanktionszinsen, vorgerichtliche und gerichtliche Verfahren. Deshalb geht es hier nicht ohne Arbeitstreffen. Werden sie Geldbußen zahlen? Einige werden eindeutig zahlen, für manche werden Verträge verlängert. Gegen diejenigen, die den Vorschuss genommen haben, aber haben gar nichts geliefert oder ihre Verpflichtungen innerhalb der vorgesehenen Frist nicht erfüllt und deren Produktion nicht so kritisch ist, gibt es auf jeden Fall Strafmaßnahmen.

Im Allgemeinen ist es verboten, Vertreter von privaten kommerziellen Strukturen auf eigene Initiative in den Besucherraum zu lassen. Für sie wurde ein „einzelnes Informationsfenster“ geschaffen, was auf der Website des Verteidigungsministeriums ausführlich beschrieben wird.

Um aktuelle Fragen mit dem Direktorenrat von Ukroboronprom zu lösen, habe ich eine Gruppe von Leitern der untergeordneten Behörden und der wissenschaftliche Forschungsinstitute ins Leben gerufen, die regelmäßig, nach dem Zeitplan Online-Beratungen abhalten. Dasselbe gilt auch für private Verbände, aber nicht für die persönliche Kommunikation.

Der stellvertretende Verteidigungsminister muss sich auf persönliche Treffen vorbereiten: muss wissen, worum es geht, welche Klippen es gibt, welche möglichen Lösungen vorgeschlagen werden können usw. man muss sich dafür sorgfältig vorbereiten. Deshalb gibt es auf eine Bitte „sich einfach zu treffen“ immer eine Gegenfrage: „Was ist die Frage?“. Kann eine Person keine schriftliche Erklärung vorlegen, so wird (das Treffen – Red.) in der Regel abgelehnt.

Die Zeit ist sehr teuer bei einem Beamten dieser Ebene. Ich habe noch nie vor 21:00 Uhr meinen Arbeitstag beendet, in der Regel später. Und um 7: 45-7: 50 Uhr bin ich bereits im Büro und Helfer legen mir eine große Anzahl an wichtigen Unterlagen vor.Und jeden Tag werden sowohl geplante als auch spontane Sitzungen der Ausschüsse der Regierung, des Parlamentsausschusses, Ministeriumstreffen, Treffen mit ausländischen Delegationen, der Presse und unbedingt das Treffen mit dem Verteidigungsminister abgehalten. Er ist mein Chef, er leitet meine Tätigkeit, er ist mein unmittelbarer Vorgesetzter, nebenbei bemerkt ist er ein sehr kluger Leiter, er ist an seinem Platz.

PRIVATE PRODUZENTEN STELLEN VIELE NEUE WAFFEN HER, SIE SIND ABER NICHT IN DER LAGE, MONTAGEBETRIEBE FÜR PRODUKTION GROSSER KOMPLEXE ZU BAUEN

Zurück zur Lobbyrung. Stellen wir uns eine Situation vor. Mir wurde ein Dokument vorgelegt, dass eine der Militäreinheiten modernisierte Schützenpanzerwagen in der Anzahl von 15 Einheiten bedürfe, die mit einem ungewöhnlichen d.h. exklusiven Motor bzw. einem Kampfmodul ausgerüstet ist.

Im Einklang mit den Amtspflichten bin ich derjenige, der dafür sorgen muss, dass Waffen und militärische Ausrüstung im Vergleich zu anderen Waffenmodellen so einheitlich wie möglich unifiziert werden sollten. Schließlich ist es Garantie der Kampffähigkeit der Streitkräfte durch die Interoperabilität der verschiedenen Truppen.

Leider muss ich feststellen, dass wir uns gegenwärtig von der verbindlichen Vereinheitlichung derartiger Modelle zurückgezogen haben. Infolgedessen haben wir verschiedene Modelle mit gleichen taktischen und technischen Eigenschaften, verschiedene Kampfmodule,

Wenn eine Armee keine Vereinheitlichung hat, gibt es Schwierigkeiten mit der Logistik. Die zentrale Versorgung, Reparatur und Wiederherstellung der Ausrüstung, die Lieferung von Waffen und Munition ist ausgeschlossen. Zurück zu diesen 15 Schützenpanzerwagen: sie werden in einem privaten Kleinunternehmen mit dem kommerziellen Zweck hergestellt, sie jetzt zu verkaufen und  weiter monopolhaft technisch zu begleiten. Ich sage dazu also: das passt nicht den Streitkräften, die der Rechtzeitigkeit, der Qualität und der Vollständigkeit des Nachverkaufsservices sicher sein müssen.

Würde ein Unternehmen garantieren, dass es mindestens 15 Schützenpanzerwagen pro Monat, d.h. pro Jahr 180 bauen könnte, dann könnte man den Start seiner Serienproduktion in Betracht ziehen. Aber private Hersteller sind heute in der Ukraine nicht in der Lage, diese schweren Kampfmaschinen massenweise zu bauen - qualitativ hochwertig, kostenoptimal und in großen Mengen.

Wir haben negative Erfahrungen gemacht. Gibt es eine kleine Menge an exklusiver Technik, wird dies sicherlich dazu führen, dass nach einiger Zeit die Hälfte der einsatzfähigen Maschinen übrig bleibt. Der Rest wird repariert, genauer gesagt, sie werden als „Spender“ von Ersatzteilen ausgenutzt.

Wir verfügen über enorme Mengen an Arten von Waffen und Militärtechnik: vielfältige Rohrartillerie mit Klein- und Großkaliber, Mehrfachraketenwerfer vom sowjetischen Typ und unsere ukrainische. Hochpräzise Waffen sind vorwiegend unsere ukrainischen. Es gibt natürlich Javelins, ein großer Dank dafür an die USA. Unsere Panzerabwehrlenkraketen gibt es allerdings Hundertmal mehr - von tragbaren bis zu schweren Systemkomplexen.

Es gibt auch Flugzeuge, Drohnen von verschiedenem Typ, Systeme für elektronische Kampfführung, für elektronische Aufklärung, Radarstationen, Raketenabwehr und so weiter und so fort…

Das Ganze muss nach der Einheitlichkeitstechnologie ausgelegt sein. Die Umsetzung ist bereits im Gange - und natürlich große Leistungen des Zentralen Forschungsinstituts für Waffen und militärische Ausrüstung.

Und es geht nicht nur um Logistik, sondern auch um die Berufsausbildung des Personals, der Betreiber, der Gruppen, der Bedienungsmannschaften, der Crews, die die Technik unter Kampfbedingungen anwenden,

Es geht auch um technische Unterstützung von Instandsetzungseinheiten, feldmäßige und stationäre, die nicht nur verstehen müssen, wie zu reparieren, sondern auch über entsprechende technische Wartungsstationen, Ausrüstung, Zubehör und vieles mehr für die rechtzeitige Wiederherstellung und die Rückkehr von Waffen in den Kampfeinsatz zusammen mit hochqualifiziertem Personal verfügen.

Die Lobbyarbeit bei der Verteidigungsbeschaffung verfolgt immer das Ziel, dass Lieferanten oder Auftragnehmer davon profitieren. Erreicht ein Lobbyist sein Ziel, schafft er dann bestimmt einen „Mechanismus zur Wirkung auf den Kunden“, der sicherstellt, dass diese Gewinne konstant bleiben, d. h. durch Seltenheit oder Exklusivität der Ware. Aber Seltenheit bzw. Exklusivität von Waffen jeder Art im Masseneinsatz in den Streitkräften der Ukraine ist unzulässig.

Fühlen Sie die Gegenwirkung?

Ja, ich fühle. Es gibt sie und sie ist stark. Aus verschiedenen Richtungen, aus verschiedenen Motiven, aus verschiedenen Gründen. Aber es ist noch nicht an der Zeit, darüber genauestens zu sprechen.

Für vollkommen inakzeptabel halte ich unüberlegte oder erdachte Anschuldigungen gegen die Führung des ukrainischen Verteidigungsministeriums und der Streitkräfte, die aus dem Mund einiger Politiker zu hören sind und das, dass sie von verschiedenen Medien aufgegriffen und auf das angriffen werden, was unantastbar sein sollte – der Verteidigungsbereich.

Für zweite Priorität halte ich einen kommerziellen, versteckten, unfairen Kampf zwischen Lieferanten, die versuchen, sich durchzusetzen, auch indem sie die Führung des Verteidigungsministeriums beschuldigen, was sie erfunden haben, ohne Beweise und unbegründet. Fast jeden Tag sind im Verteidigungsministerium Vertreter des Staatlichen Ermittlungsbüros der Ukraine (DBR), des Nationalen Anti-Korruptions-Büros (NABU), des Sicherheitsdienstes (SBU), der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungsaktivitäten durchführen. Dies wirft aus der Bahn. Hoffentlich, geht es um begründete Ermittlungsaktivitäten, aber so oft dies zu sehen... Und jedes Mal berichtet man dir, dass jemand zum Verhör gerufen werde... Das ist sehr schwierig.

Die Stelle, die ich jetzt innehabe, ist ein Elektrischer Stuhl, das habe ich sehr gut verstanden. Meine Familie war kategorisch dagegen. Ich habe jegliche Freiheit verloren, angefangen von freier Bewegung, der Meinungsäußerung bis zum Recht, thematische Daten, Informationen und ähnliches zur Verfügung zu stellen.

Aber das war nötig, denn der Wunsch des Ministerpräsidenten und die Hoffnung des Präsidenten - „zu versuchen, das Alte zu verändern und das Neue zu unterstützen“ – kann man nicht als ein einfaches Ereignis betrachtet werden, nicht einverstanden zu sein oder Bedingungen zu stellen.

Drittens. Ich wünsche und gebe mir Mühe, Geheimhaltungsstufe zu verringern. Sie ist durchaus hoch, was viele Gerüchte auslöst, die in unseriösen Medien als Sensationen und sogar, wie Sie gesagt haben, als Verrat „blühen“. Es muss ein Ende haben. Der Medienschutz des Verteidigungsministeriums bezüglich Widerlegung dieser Anschuldigungen ist schwach. Im Moment fühle ich es sehr stark.

Der Sicherheitsrat, das Ministerium für strategische Industriezweige, das Finanzministerium und andere unterstützen mich dabei. Aber die größte Auflehnung geht, stellt es sich heraus, von mittlerer Managementsebene des Verteidigungsministeriums. Eben von mittlerer, nicht höchster! Dies ist schon mein persönlicher Job, den ich begonnen habe und unerschütterlich durchführe.

Was bringt der Ukraine ein Partnerschaftsabkommen für die Verteidigung mit den USA? Gibt es spezifische Programme mit Daten, Ziffern?

Das ist ein Abkommen von breiten Möglichkeiten. Aber ich antworte als der stellvertretende Verteidigungsminister, der für Richtungen bezüglich der Gestaltung der staatlichen Politik im Militär-technischen Bereich zuständig ist. Dies ist ein Abkommen über die Einführung von wirksamen R&D-Mechanismen (Research and Development, R&D – Red.) zwischen den beiden Verteidigungsbehörden. Es gibt eine echte gesetzliche Möglichkeit, eine gemeinsame Produktion von modernsten Waffen und Technik mit den USA zu starten. Das war bisher nicht möglich.

Als Sie bei der Militärparade in Kyjiw präsent waren, welche Gedanken hat die militärische Ausrüstung an Ihnen als einem Hersteller hervorgerufen? An einem Beamten?

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich auf der Tribüne. Um mich herum waren herausragende und bekannte ukrainische Politiker, Wissenschaftler, Militärs, Botschafter und Diplomaten anderer Länder. Links vorne stand Präsident.

Das Gefühl war sehr kompliziert: aufgeregt-erregt-zurückhaltend.

Ich erkläre.

Erstens waren alle Waffen, die während der Parade gezeigt wurden,  einheimischer oder Gemeinschaftsproduktion oder wurden sie in der Ukraine modernisiert. Es hat keine Waffen gegeben, die als „sowjetisch“ bezeichnet werden könnten. Alle waren ukrainische, ich wusste das.

Dies war eine Aufgabe des ukrainischen Präsidenten – nur unsere einheimische Technik. Sogar S-300-Komplexe, die auch daran teilnahmen, und einige andere mit komplett neuer elektronischer Steuerung und Kampfsteuerung wurden in der Ukraine produziert.

Zweitens war ich sehr besorgt, dass es plötzliche Probleme geben werden, weil die Informationen waren, dass es Versuche geben könnte, die Technik in der Nacht außer Betrieb zu setzen. Dank allen, die Sicherheit gewährleistet haben, insbesondere bezüglich der Sicherung der Technik in der Nacht vor der Parade, lief alles sehr gut.

Drittens hatte ich sofort nach der Parade bereits um 13:00 Uhr ein sehr wichtiges Treffen mit dem britischen Verteidigungsminister bezüglich der Verteidigungsbeschaffung. Der britische Botschafter war anwesend. Ich war tatsächlich „allein gegen zwei“. Und die Fragen waren ernsthaft, ich schaute also auf „Mrija“ (das größte Flugzeug der Welt – Red.) und überlegte im Stillen Antwortoptionen, um mögliche Fragen von angesehenen Partnern beantworten zu können. Daraufhin verlief alles sehr gut, freundschaftlich, obwohl ich emotional an diesem Tag sehr erschöpft war, weil es am Vorabend noch offizielle, aber kurze Treffen mit Delegationen aus Finnland, Lettland, Litauen, Moldawien gegeben hat.

Deshalb war der Feiertag am 24. August für mich eigentlich ein sehr schwieriger Arbeitstag. Aber später am Sonntag sah ich Er sah die Aufnahme der Parade: ein sehr beeindruckendes Erlebnis, so etwas gab es noch nie! Ich fühlte auf die Ukraine großen Stolz.

Lina Samochwalowa, Kyjiw

Foto von Pawlo Bahmut, Fotos von Oleksander Nossow zur Verfügung gestellt

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