Piet Ploeg, Leiter der Stiftung "Flugzeugkatastrophe MH17"
Trotz dem Ausmaß der Desinformation haben wir großes Vertrauen in die Untersuchung
31.03.2020 12:07

Coronavirus-Pandemie hat den Prozess im Fall von Flug МН17 in Den Haag nicht gestoppt. Und obwohl die Sitzung online läuft, geben aber eine weitere (Sitzung - Red.), die für Juni angesetzt worden ist, die beispiellose Aufmerksamkeit der Welt, die sorgfältige Arbeit der Ermittler Hoffnung auf ein objektives Urteil und eine Feier der Gerechtigkeit. Über die Atmosphäre rund um den "Fall МН17" in den Niederlanden und mögliche Prognosen für dessen Abschluss sind nun in einem Gespräch mit Piet Ploeg, dem Vorsitzenden der Stiftung "Flugzeugkatastrophe MH17", die Angehörige der MH17-Opfer einigt.

Herr Ploeg, verliert die niederländische Gesellschaft heute das Interesse für den Fall MH17 angesichts der äußerst schwierigen Situation mit Coronavirus-Pandemie und aller Probleme, die sie mitgebracht hat?

Es ist verständlich, dass die COVID-19-Pandemie das am meisten aktuelle Thema für das Land ist, da diese Tragödie jeden betrifft. Zudem ist seit MH17-Katastrophe eine lange Zeit vergangen. Das Interesse an dem Prozess im Fall МН17 bleibt jedoch hoch, ich werde immer noch auf der Straße über die Situation rund um den Prozess gefragt. Diese Tragödie ist im kollektiven Gedächtnis der Niederländer haften geblieben. Fragt man jeden Niederländer, was er an dem Tag tat, an dem der Flug MH17 abgeschossen wurde, wird er sich unbedingt an alle Umstände erinnern.

Wird der Fall MH17 ausreichend von niederländischen Medien behandelt?

Ja, obwohl natürlich in erster Linie bei Spitzenereignissen. Fast alle Medien legten insbesondere vor allem vor Prozessbeginn Wert auf das Thema - haben  mit Angehörigen der Opfer gesprochen, gaben Reportagen, Rekonstruktion der Ereignisse, führten Talkshows zu dem Thema durch.

Haben Sie das Gefühl, dass die russische Propaganda versucht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen? Und wenn ja, was muss getan werden, um ihr entgegenzutreten?

Das man sieht zuallererst in sozialen Medien und auch in den "News" russischer Medien, der Regierung und der Botschaft der Russischen Föderation in den Niederlanden und im Ausland. Bemerkenswert ist zudem die große Anzahl von Tweets in russischer Sprache, wo entweder die Untersuchung der internationalen Ermittlungsteam (Joint Investigation Team JIT) in Frage gestellt oder die MH17-Katastrophe der Ukraine vorgeworfen wird. Es gibt auch niederländische "Journalisten" oder pro-russische Blogger, die auch sehr aktiv sind. Wir haben auch auf die Aussagen des Ministerpräsidenten von Malaysia aufmerksam gemacht, der die Ermittlungen der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe (Joint Investigation Team, JIT - Red.) voreingenommen und politisch genannt hat. 

Trotz all dieser Bemühungen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu sprayen und ihre Ansichten zu polarisieren, haben die Angehörigen der Toten und ein Großteil der Holländer immer noch großes Vertrauen in die JIT-Ermittlungen. In einer Frühjahrsumfrage im Jahr 2019 antworteten 95% Angehöriger der Opfer, dass das JIT gut funktioniere. Meine Beobachtung besteht darin, dass Propaganda und Desinformation in der Tat nicht erfolgreich sind. Es ist jedoch nicht schwer zu erraten, welche Auswirkungen Propaganda auf die russische Bevölkerung hat.

Meiner Meinung nach sind diese Versuche, Einfluss auszuüben, schwer zu bekämpfen. Unsere Stiftung "Flugzeugkatastrophe MN17" warnte jedoch die Angehörigen vor Desinformation. Manchmal ist es besser, Twitter nicht zu lesen.

Also, wen hält die niederländische Gesellschaft als Hauptschuldigen für die Tragödie?

Zuerst waren es die Separatisten, doch jetzt ist eine Verschiebung bei Wahrnehmung Russlands als eines Landes, als des Hauptschuldigen für diese Katastrophe deutlich zu verzeichnen.

Hat die niederländische Gesellschaft Vertrauen in die niederländische Justiz?

Ja, die überwiegende Mehrheit der Niederländer ist der Gerechtigkeit der niederländischen Justiz und der Unabhängigkeit der Justiz sicher. Das zeigen verschiedene Studien, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden. Vertrauen der Gesellschaft in die niederländische Judikative hat im internationalen Ranking einen hohen Stellenwert.

Glauben Sie, dass niederländische Behörden entschlossen sind, die Sache zu Ende zu bringen? Welches Ergebnis erwarten Sie persönlich?

Sie müssen zwischen zwei Institutionen unterscheiden: Staatsanwaltschaft und Gericht. Die Staatsanwaltschaft ist auf jeden Fall entschlossen und sehr engagiert, den Fall zu Ende zu bringen. Alle Anstrengungen und Mittel sind darauf ausgerichtet, dieses Ziel zu erreichen. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass die Staatsanwaltschaft alles tut, um Ermittlungen und Verfolgung der Verdächtigen hart fortzusetzen.

Die Judikative hat eine andere Funktion. Das Gericht entscheidet über Beweise, die von der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung über die Argumentation der Anwälte von Pulatow gewährt werden. Und das Gericht tut das unabhängig, trotz politischer Konjunktur. Meiner Meinung nach ist das Wichtigste für das Gericht, dass es eine fundierte Entscheidung auf der Grundlage der Prozessakten und der Anklage fällt. Wichtig ist, dass sich das Gericht an das Prinzip der Unparteilichkeit hält und keine Aussagen zum Fall im Vorfeld gibt.

Ich persönlich weiß noch nicht, wie das Ergebnis sein wird. Sicherlich wird die Staatsanwaltschaft vorrangige Beweise liefern, ihre Einschätzung bezieht sich doch letztlich auf das Vorrecht des Gerichts. Ich hoffe natürlich, dass die Anklage die tatsächlichen Täter zur Rechenschaft zieht und das schließlich zu einer Verurteilung führt. Aber man muss warten und sehen.

Wir sehen, dass jetzt nur Personen angeklagt werden. Glauben Sie, dass Russland später als der Staat in den Anklagezustand versetzt wird?

Vor einiger Zeit hatte die Regierung in den Niederlanden und Australien die offizielle Anklage gegen die Russische Föderation wegen ihrer Rolle bei der Katastrophe MH17 Flugzeugs erhoben. Das heißt: Es geht um Verantwortung des Staates. Diplomatische Gespräche werden zwischen den Niederlanden, Australien und Russland geführt. Und diese Gespräche sind auch eine Voraussetzung für ein mögliches Gerichtsverfahren in Zukunft. Möglich wird es wohl nur sein, wenn die Verhandlungen nicht zu einer Einigung führen. Dennoch wäre ich nicht überrascht, wenn künftig das Verfahren gegen die Russische Föderation vor dem Internationalen Strafgericht eingeleitet wird.

Rund 400 Angehörige der Opfer haben Beschwerden gegen Russland beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingereicht. Auch die niederländische Regierung entschied sich, ihr Recht auf Einmischung in das Verfahren geltend zu machen. Tatsächlich tut Macht dies, um Beschwerden der Verwandten zu unterstützen. Deshalb wurden mehrere Klagen gegen die Russische Föderation eingebracht.

Hat die niederländische Gesellschaft und Sie persönlich das Vertrauen in die Ukraine und ihre Regierung in dem Sinne, dass sie auch entschlossen ist, den Fall abschließen?

Laut JIT-Berichten muss ich feststellen, dass die Ukraine ihre Vereinbarungen im Fall MH17 einhalten wird. Der jüngste Beweis dafür ist die Wiederaufnahme des Kooperationsabkommens.

Die Entscheidung der ukrainischen Behörden gegen den Zeugen/Verdächtigen Zemach sowie ständige Ersetzung der Staatsanwälte bei Ermittlungen machen jedoch einen etwas widersprüchlichen Eindruck. Obwohl der Fall MH17 sehr wichtig für die Ukraine ist, sind auch eigene Interessen deutlich sichtbar...

Was sollte Ihrer Meinung nach die Öffentlichkeit in den Niederlanden tun und wie sollte die Ukraine auf mögliche Versuche der Russen reagieren, den Prozess zu verschleppen?

Die Öffentlichkeit in den Niederlanden kann eigentlich dazu nichts tun. Das Einzige ist, unerschütterlich zu bleiben und dem JIT und dem Gericht zu vertrauen. Wir wissen nur, dass sich Russland bisher aktiv gegen diesen Prozess ausgesprochen hat und das auch weiterhin tun wird. Das bedeutet, dass der Prozess länger dauern wird. Aber in den Niederlanden haben wir ein Sprichwort: "Ehrlichkeit lebt am längsten", und wir meinen, Lügen werden mit der Zeit immer enttarnt und Wahrheit bleibt immer Wahrheit. Wir sind zuversichtlich und haben Geduld.

Dmytro Ditjuk-Snizarenko, Defense Express, für Ukrinform

Foto Iryna Drabko

         nj

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