„Piper“, Leiter des Unteroffizierslehrgangs des III. Armeekorps
Wir bilden Kadetten zu Führungskräften aus
24.11.2025 19:32

Der Tag eines Unteroffiziers wird in der Ukraine am 18. November begangen – ein Feiertag, der 2019 per Beschluss eingeführt wurde. Er soll den Beitrag von Unteroffizieren und Maaten zu den Streitkräften gesondert hervorheben. Das sind Menschen, die Disziplin halten, jüngere Soldaten ausbilden und oft die schwierigsten Entscheidungen auf dem Schlachtfeld treffen.

Anlässlich dieses Feiertags sprach Ukrinform mit dem Zugfeldwebel des III. Armeekorps, Rufname „Piper“.

Er kämpfte als Freiwilliger von den ersten Stunden des russischen Angriffs am 24. Februar 2022 an. In seiner Kampfeinheit stieg er vom Granatwerferschützen zum Zugfeldwebel auf. Zuerst kämpfte er in den Regionen Saporischschja, Cherson und dann in der Region Donezk, insbesondere in den Kämpfen um Bachmut.

Derzeit gibt Stabsfeldwebel „Piper“ seine Kampferfahrung an Soldaten bei der Ausbildung des Unteroffizierslehrgangs der 3. Armeekorps weiter. Er erzählte über seinen Kampfweg, wie man Kadetten beibringt, auf dem Gefechtsfeld Entscheidungen zu treffen, und wie das ukrainische Militär die Nato-Standards an die Anforderungen der modernen Kriegsführung anpasst.

Wie hat Ihr persönlicher Kampfweg vom Granatwerferschützen zum Zugfeldwebel Ihre heutige Sicht auf die Rolle des Unteroffiziers und dessen Ausbildung beeinflusst?

Mein Kampfweg begann am 24. Februar 2022 in der Einheit der Territorialverteidigung „Asow“ Kyjiw, die sich anschließend zur 3. selbständigen Sturmbrigade für Spezialoperationen entwickelte. Meine erste Kampferfahrung sammelte ich in der Nähe der Siedlung Irpin, wo ich Verteidigungsstellungen hatte. Nachdem die russischen Truppen aus der Region Kyjiw zurückgedrängt worden waren, wurde unsere Einheit in Richtung Saporischschja verlegt, wo ich erstmals Angriffsoperationen in den Waldstreifen nahe der Siedlung Tymyriwka durchführte. Dort erlitt ich zum ersten Mal eine Prellung und eine Schrapnellverletzung am Arm.

In der Rehabilitation war ich als Ausbilder in einem Rekrutierungslager. Nach Saporischschja nahm ich im November 2022 an Angriffsoperationen am Stadtrand von Cherson teil. Nach der Region Cherson wurde ich sofort nach Bachmut und Umgebung verlegt. Dort hielten wir mehrere Wochen lang Stellungen im Osten von Bachmut und verhinderten den Einmarsch des Feindes in die Stadt, doch unsere Verteidigung ist durchbrochen worden. Wir sind an den Stadtrand verlegt worden, um Angriffsoperationen durchzuführen. Später wurde unsere Kampfgruppe abgezogen. Nur noch wenige kampffähige Kämpfer im Zug sind geblieben. Ich erhielt die Position des Kommandeurs einer Abteilung. Ich nahm mit neue Leute und begann mit ihnen zu arbeiten.

Ich brachte ihnen alles bei, was ich selbst während meines Dienstes gelernt hatte. Mehrere Monate lang bildete ich sie für einen Stellungskrieg aus, und während der Gegenoffensive führten wir dann aktive Offensivoperationen durch. Nach einem halben Jahr eines solchen „intensiven Dienstes“ geriet der Zugführer in einen Verkehrsunfall und brach sich das Schlüsselbein. Während seiner Abwesenheit übernahm ich die Position des Zugunteroffiziers.

Ich führte regelmäßig Gefechtsübungen im Zug auf dem Übungsplatz durch, hielt Vorträge und gab den Soldaten die Möglichkeit, selbstständig Unterricht vorzubereiten und durchzuführen. Ich bereitete die Soldaten auf Kampfeinsätze vor, führte Truppenschau durch, leistete psychologische Unterstützung durch Motivation der Soldaten, brachte sie auf Positionen und hatte Dienst am Kontrollbeobachtungsstand. Im Allgemeinen übernahm ich die Aufgaben des Zugführers.

Ich hatte die Gelegenheit, mich als Feldwebel abzudecken, meine eigenen Fehler zu analysieren und an ihnen zu arbeiten. Dies ermöglichte es mir, Schlussfolgerungen zu ziehen und zu sehen, wie ein Unteroffizier der 3. selbständigen Sturmbrigade und nun des 3. Armeekorps sein muss.

Welche Schlüsselreformen sind in letzter Zeit auf der Unteroffiziersebene des III. Armeekorps umgesetzt worden? Was ist ihr Hauptziel?

Die wohl wichtigste ist die AAR (After Action Review, Anm. d. Red.), oder die Analyse vorheriger Aktionen. Dieses einzigartige Instrument ermöglicht es, jede Aufgabe zu analysieren und alle Fehler und Mängel während der Erfüllung von Aufgaben zu suchen. Im Rahmen der Analyse lehren wir die Kadetten, Lösungen für diese Fehler zu finden, damit sie sich nicht wiederholen. Die AAR gibt die Möglichkeit, alle Schwächen der Einheit zu sehen und bietet die Möglichkeit, ein effektives Programm zur Verbesserung der Fähigkeiten der Einheit zu schreiben, was sich positiv auf die Einsatzbereitschaft auswirkt.

Wir lehren die Kadetten, unter allen Bedingungen, auch in kritischen, auf dem Gefechtsfeld Entscheidungen zu treffen. Der Unteroffizier ist das wichtigste Element auf dem Gefechtsfeld. Er muss als Erster Entscheidungen treffen, er ist für sein Personal verantwortlich, daher legen wir besonderen Wert darauf.

Es gibt sehr viel taktische Medizinausbildung in dem Lehrgang. Wir sind der Ansicht, dass ein Sergeant über medizinische Kenntnisse verfügen und Personal ausbilden muss. Dies hat einen erheblichen Einfluss auf die Überlebensfähigkeit der Einheit und ihre Einsatzbereitschaft.

Wie würden Sie die neue Philosophie des Unteroffizierskorps des 3. Armeekorps beschreiben? Worin unterscheidet sie sich grundlegend von früheren Ansätzen? Welche neuen Verpflichtungen und Befugnisse erhielt das Unteroffizierskorps infolge dieser Reformen?

Die Aufstellung einer Einheit sollte mit dem „Rückgrat der Unteroffiziere“ beginnen. Es sind die Unteroffiziere, die die Standards für Gefechtsausbildung, körperliche Vorbereitung, Disziplin, kämpferischen Geist und Koordination in die Einheiten einführen. Wir haben 2023 mit der Standardisierung der Unteroffiziere der 3. selbständigen Sturmbrigade begonnen und arbeiten bis heute daran. Als die 3. selbständige Sturmbrigade Teil des von Andrij Jewgeniowitsch Bilezkyj geführten 3. Armeekorps wurde, erhielten wir die Aufgabe, alle Standards der Unteroffiziere der 3. selbständigen Sturmbrigade in das 3. Armeekorps zu implementieren.

Wir bilden Kadetten nicht zu Kommandeuren, sondern zu Führungskräften aus. Ihre Aufgabe ist es, Autorität für ihre Soldaten zu haben, mit denen sie bereit sind, in den Kampf zu ziehen. Wir fordern, den Kämpfern durch persönliches Beispiel zu zeigen, wie ein würdiger Soldat des III. Armeekorps sein sollte. Wir legen Wert auf Disziplin und bringen die Philosophie des körperlichen Trainings bei. Gerade körperliches Training gibt viele Überlebenschancen im Krieg, daher muss sich jeder Kämpfer körperlich stetig entwickeln.

Wie wurde das Rangsystem für Unteroffiziere nach 2022 reformiert und wie trägt dies zur Verbesserung der modernen ukrainischen Armee bei?

Das kann ich nicht sagen, da ich vor 2022 kein Soldat war. Ich kann nur sagen, dass wir die Standards der Nato-Armee und die Methoden der russischen Armee mit unserer eigenen Kampferfahrung vergleichen und neue Standards für die Kriegsführung schreiben. Kämpfen nach alten Lehrbüchern ist heute absolut nicht aktuell.

Auf welche praktischen Geübtheiten (Kampftraining, Führung, Planung, psychische Belastbarkeit) wird im Training der größte Schwerpunkt gelegt?

Der größte Schwerpunkt wird natürlich auf die Führung gelegt. Wir lehren Unteroffiziere, zu denken, Entscheidungen zu treffen, Befehle zu erteilen und im Kampf zu führen. Als einzelnen Block geben wir TLP-Planung (Troop Leading Procedures). Wir lehren die Kadetten, auf Kompanieebene zu planen, damit sie ihren Offizieren später helfen und Aufgaben künftig noch effektiver planen können. Denn niemand kennt sein Personal besser als ein Sergeant. Er ist es, der die Gefechtsbereitschaft seiner Einheit objektiv beurteilen, Stärken nutzen und Schwächen berücksichtigen kann, um Verluste zu vermeiden.

Welche Beurteilungskriterien werden benutzt, um festzustellen, ob ein Kadett bereit ist, ein erfolgreicher Unteroffizier zu werden?

Zuallererst achten wir auf die Entscheidungsfähigkeit des Kadetten und sein Können, dem Personal seinen Plan verständlich zu machen. Ein sehr wichtiger Faktor ist der Charakter des zukünftigen Sergeants. Er muss können, Zuneigung zu gewinnen, und eine Führungspersönlichkeit für sie zu sein. Wir versuchen, diesen Charakter im Laufe des Kurses zu fördern, was aber nicht jedem gelingt. Der Erfolg des Kadetten ist ebenfalls sehr wichtig. Wir führen eine Aufnahmeprüfung, eine Zwischenprüfung, nach der wir einige Kadetten aussortieren, die nicht lernen wollen, werden exmatrikulliert, und eine Abschlussprüfung durch. Nach deren Abschluss wird deutlich, ob ein Kadett im Laufe des Kurses genügend Fähigkeiten erworben hat, um ein Sergeant zu werden.

Wer sind die Ausbilder, und wie stellen Sie sicher, dass ihre Erfahrung relevant ist und den Anforderungen moderner Kriegsführung entspricht?

Alle Ausbilder der Unteroffizier-Ausbildungsgruppe sind kampferfahrene Sergeanten aus Kampfeinheiten. Wir begeben uns in regelmäßigen Abständen an die Frontlinie, wachen an Kontrollpunkten, lernen von den Kommandeuren der Einheiten, die linear im Einsatzgebiet agieren, sammeln kontinuierlich Feedback von den Kadetten und aktualisieren unser Programm nach jedem Kurs.

Welche Lehren aus den Kampferfahrungen der 3. Angriffsbrigade bilden die Grundlage für Ausbildungsprogramme, die nun auf andere Einheiten ausgeweitet werden?

Darüber könnte man sehr lange sprechen, wenn man ins Detail geht. Am wichtigsten ist wohl die Rolle jedes einzelnen Soldaten in der Gruppe und seine Ausbildung. Man kann ständig neue Leute rekrutieren und sie dann auslöschen (unzureichend ausgebildet an die Front schicken), aber wie die Erfahrung der 3. selbständigen Sturmbrigade zeigt, führt die ständige Ausbildung der Soldaten zu einem positiven Ergebnis. Mehr Soldaten überleben, und damit steigt auch die Zahl der erfahrenen Soldaten.

Wie sollte Ihrer Meinung nach die ideale Rolle eines Unteroffiziers in der modernen ukrainischen Armee in ein bis zwei Jahren sein, und wie trägt das 3. Armeekorps dazu bei, diese Vision zu verwirklichen?

Wir führen einen Unteroffizierslehrgang durch und tauschen unsere Erfahrungen nicht nur innerhalb des 3. Armeekorps, sondern auch mit vielen anderen Einheiten aus.

Jelisaweta Tschirnysch

Foto: der 3. selbständigen Sturmbrigade

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