Andrij Demtschenko, Sprecher des Staatsgrenzschutzdienstes der Ukraine
Man beobachtet keine Bewegungen feindlicher Wehrtechnik entlang der Grenze
04.05.2025 19:39

Das vierte Jahr in Folge wird der Tag des Grenzsoldaten während des Kriegsrechts begangen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Situation an der Grenze zu Russland weiterhin im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sowohl der ukrainischen Gesellschaft als auch der Weltgemeinschaft steht. Ob man Bewegungen feindlicher Technik entlang der russischen Grenze beobachtet, warum die Verminung von Gebieten nicht vor feindlichen Vorstößen in der Nähe von Sumy schützt, wie die Rekrutierung für den Staatsgrenzschutzdienst im Rahmen des Projekts „Vertrag 18-24“ läuft und ob man im Sommer mit Warteschlangen an der Grenze rechnen soll, erzählte für Ukrinform Andrij Demtschenko, der Helfer des Leiters des Staatsgrenzschutzdienstes der Ukraine und Pressesprecher der Behörde.

Herr Andrij, wie viele russische Truppen sind derzeit an der Grenze zur Ukraine konzentriert und wie ist die Lage mit der feindlichen Wehrtechnik? Wird sie von der Grenze abgezogen, um eine Zerstörung durch ukrainische Drohnen zu verhindern?

In Bezug auf die Zahl der feindlichen Truppen in Richtung unserer Grenze können hier nur Organe der militärischen Verwaltung solche Informationen mit der Analyse aller verfügbaren Daten aus verschiedenen Quellen geben. Aber was die Wehrtechnik betrifft, so beobachten wir in den Verteidigungszonen, in denen sich die Grenzsoldaten befinden (als integraler Bestandteil der ukrainischen Verteidigungskräfte), in der Nähe unserer Grenze Mittel, mit denen der Feind das Territorium der Ukraine beschießt. Wenn wir direkt über die Grenzlinie innerhalb der von der Ukraine kontrollierten Regionen Tschernihiw, Sumy und Charkiw sprechen, besteht unsere Aufgabe darin, diese Mittel aufzudecken. Wir zerstören sie mit unseren Waffen, insbesondere mit der Artillerie und unbemannten Luftfahrkomplexen. Zu Sagen, dass sich in unmittelbarer Nähe unserer Grenze Ausrüstungskolonnen hin und her bewegen, wird nicht beobachtet. Und wenn wir über einzelne Abschnitte sprechen, in denen der Feind die Taktik kleiner Angriffsgruppen anwendet, etwa in der Region Sumy, oder in bestimmten Gebieten der Region Charkiw Angriffsoperationen durchzuführen versucht, dann beobachten wir dort keine so großen Technikkolonnen, die der Feind dort ansammeln oder für einen Durchbruch an unsere Grenze einsetzen könnte.

Doch, sowohl innerhalb der Grenzen der Region Sumy als auch in Richtung der Region Charkiw, in einer gewissen Entfernung von der Grenze, hatte der Feind natürlich schon früher, angefangen seit dem letzten Jahr, sowohl Ausrüstung als auch Personal angesammelt, die er eigentlich fürs Verdrängen der Verteidigungskräfte der Ukraine aus der Region Kursk einsetzt, als unsere Einheiten ihre Operation auf russischem Territorium begannen und durchführen. Das ist auch gegenüber der Region Charkiw zu beobachten, als der Feind noch seit letztem Jahr sein Kampfgebiet auf das Territorium der Ukraine in Richtung der Siedlungen Lyptzi und Wowtschansk ausgeweitet hat. Und wenn wir jetzt über Wowtschansk sprechen, ist dies die Richtung, in der der Feind auch seine Angriffsoperationen fortsetzt und versucht, tiefer in das Gebiet der Ukraine einzudringen.

Die russischen Truppen befinden sich schon 25 Kilometer von der Stadt Sumy entfernt. Was ist der Grund für ihren schnellen Vormarsch? Ob die Straßen nahe der Staatsgrenze vermint wurden, und wenn ja, wie schaffen sie es, so schnell vorzurücken?

Werfen wir einen Blick auf die Entfernung von Sumy bis zur Grenze. Praktisch ist die Stadt selbst leider nicht so weit von der Grenze zu Russland entfernt (von Sumy bis zur Grenze – 30 Kilometer – Red.). Und wenn wir direkt über die Grenze sprechen, dann die Richtung der Siedlung Schurawka und die Richtung der Siedlung Basiwka sind die Abschnitte, wo der Feind eine Taktik von kleinen Sturmgruppen einsetzt. Praktisch versuchen diese Gruppen von mehreren Personen (manchmal bis fünf Personen), die Grenzlinie zu Fuß zu überqueren, um einzudringen, sich festzusetzen, eine Verstärkung zu erwarten und dann die Zone aktiver Kämpfe im ukrainischen Gebiet zu erweitern.

Das scheint so, dass die Verlegung von Minen in dieser Situation nicht effektiv ist?

Na, die Minen können sowohl gegen Fahrzeuge als auch gegen Infanterie eingesetzt werden. Aber noch einmal, die Länge der gesamten Grenze zu Russland, insbesondere auch innerhalb der Oblast Sumy, ist ziemlich lang, das muss auch berücksichtigt werden. Eine Komponente kann die vollständige Sicherheit nicht gewährleisten. Das ist so wie früher, als befestigte Anlagen an der Grenze im Fokus standen, aber wenn es zu einer umfassenden Aggression kam, konnte ein Graben oder ein Zaun die bewaffnete Aggression nicht stoppen. Genauso wie alle Systeme entlang der Landgrenze nicht vor Beschuss retten, die Geschosse überfliegen einfach und der Feind nimmt die Regionen Sumy, Charkiw, Tschernihiw sowie Gebiete entlang der Grenze ständig unter Beschuss. Der Feind versucht, die Minenfelder zu zerstören, indem er Drohnen einsetzt.

Was wir aber zu diesem Zeitpunkt am Abschnitt von Sumy beobachten, ist die Tatsache, dass der Feind dort schwere Panzerfahrzeuge nicht einsetzt, gegen die auch in erster Linie die Minen verlegt werden. Stattdessen versuchen dort kleine Sturmgruppen, indem sie dort die Lage erkunden, maximal tief einzudringen, wie sie können und nutzen dafür Quads. Doch der Feind ist nicht in der Lage, vorzurücken oder eine so große, durchgehende Pufferzone (oder „graue“ Zone, wie auch immer man sie nennen mag) zu schaffen. Obwohl wir, abgesehen von diesen zwei Richtungen, beobachten, dass der Feind versucht, ihre Anstrengungen auf weitere Abschnitte im Rahmen dieser operativen Zone zu erweitern. Er kann aber die durchgehende und breite Zone nicht einnehmen.

Ist es möglich, unsere Grenzen während des Krieges zu stärken?

Die Grenze zu Russland ist vor allen eine Befestigungsanlage. Im Allgemeinen habe ich bereits gesagt, dass es für fast die gesamte Grenze zu Russland unmöglich ist, eine offene technische Anordnung der Grenze direkt an der Staatsgrenze durchzuführen, da der Feind abfeuert. Befestigungsarbeiten werden aber natürlich durchgeführt. Jede Einheit der Verteidigungskräfte – Grenzer, die Streitkräfte, die Nationalgarde – haben mit Unterstützung lokaler Behörden maximal nahe der Grenze Befestigungsanlage entweder gestärkt oder errichtet. Das konnte Hunderte Meter oder einige Kilometer von der Grenze entfernt sein, unter Berücksichtigung des Geländes, der Höhen, der Bereiche, in denen es für die Verteidigungskräfte der Ukraine einfacher und bequemer ist, Verteidigungslinien zu errichten. All diese Arbeiten wurden und werden ausgeführt.

Ist die Rekrutierung effektiv und wie viele Jugendliche sind bereits im Rahmen des Projekts „Vertrag 18-24“ gekommen?

Anfang April hat die Regierung in die Verordnung bezüglich des Experimentalprojektes „Vertrag 18-24“ Änderungen eingetragen, da die Verordnung früher nur die Einheiten der Streitkräfte der Ukraine vorgesehen hat. Die Regierung hat es nun auf Einheiten der Nationalgarde und des staatlichen Grenzschutzes ausgeweitet. Und für diese Änderungen ist es auch vorgesehen, dass die Einheiten, Ämter von der Verwaltung des Staatlichen Grenzdienstes nach Abstimmung mit dem Generalstab bestimmt werden. Neulich haben wir bereits solche Genehmigungen erhalten und können jetzt mit Sicherheit antworten, dass die Rekrutierung für dieses experimentelle Projekt für vier unserer Einheiten ausgelegt ist: die Brigaden „Hart“, „Pomsta“, „Fortpost“ und „Stalewyj Kordon“. Bürger der Ukraine im Alter von 18 bis 25 Jahren können einen Vertrag im Rahmen dieses Projektes als Mannschaftsdienstgrade unterzeichnen. Nun, es ist eigentlich ein Schütze, ein Granatwerfer, ein Scharfschütze, ein Aufklärer. Und es gibt bereits Bewerbungen von denjenigen, die sowohl Informationen erhalten als auch sich bei diesem Projekt den Reihen des Staatlichen Grenzschutzes anschließen wollen. Unsere Zentren für Rekrutierung arbeiten aktiv daran. Es wurde auch eine Informationsseite separat erstellt, auf der Sie sich bewerben können, indem Sie den Fragebogen ausfüllen. Es gibt eigentlich nur wenige Fragen zu der Person und der Einheit, in der sie dienen möchten. Als Nächstes prüfen die Rekruten diese Informationen und kontaktieren bereits eine Person.

Wir geben auch Kontakte der oben genannten Einheiten, wenn der Mensch nicht warten und sofort Informationen erhalten oder einfach dorthin reisen will, um sich ein Bild zu machen und den Vertrag zu unterzeichnen. Praktisch wird der Vertrag im Rahmen dieses Programms für ein Jahr geschlossen, Teilnehmer erhalten sowohl Einmalzahlungen als auch Monatsgehälter sowie zusätzliche Zahlungen für Kampfeinsätze. Die gesamte Summe kann 2 Millionen Hrywnja für ein Dienstjahr betragen. Darüber hinaus werden auch medizinische Versorgung, Wohngeld und andere Leistungen gewährt. Es ist auch klar, dass alle Freiwilligen 45 Tage Grundausbildung durchlaufen. 14 Tage dauert eine Fachausbildung und 14 Tage eine Adaptationsperiode.

Über unsere westlichen Grenzen. Warnten unsere Nachbarn vor Reparaturarbeiten an Grenzübergängen, vor Grenzblockaden? Müssen wir mit Warteschlangen wie im letzten Jahr rechnen?

Na ja, es gab keine Informationen von den Grenzdiensten der benachbarten Länder Europas über die Blockaden. Und wir hoffen, dass es keine Aktionen dieser Art an der anderen Seite der Grenze oder an Grenzübergängen mit Einschränkungen bei der Grenzüberschreitung für Verkehrsmittel oder Bürger geben wird. Gleichzeitig sind Reparaturen in bestimmen Richtungen (das betrifft verschiedene Abschnitte der Grenze zu Polen, zu Rumänien und Ungarn) möglich, es geht aber um kurzfristige Zeitperioden, in denen ein Austausch von beispielsweise Straßenbelägen notwendig ist. Das betrifft die Grenzübergänge sowohl in Nachbarländern als auch in der Ukraine. Wir und der Staatliche Zolldienst informieren darüber die Menschen umgehend, damit sie ihre Logistik ändern und die Grenze gegebenenfalls über einen anderen Grenzübergang überqueren können.

Der Grenzdienst informiert darüber hinaus alle drei Stunden über die Auslastung der Grenzübergänge für die Ausreise. Das gilt insbesondere für alle Richtungen an der Grenze zur EU und zum Teil an der Grenze zu Moldau. Die gleichen Informationen stellen auch entsprechende Behörden der Nachbarländer über die Reisen in Richtung Ukraine bereit.

Ich möchte darauf hinweisen, dass Reparaturarbeiten oder andere Störungen keinen großen Einfluss auf die Warteschlangen haben; es ist eher auf die Zunahme der Reisenden zurückzuführen. Was wir beispielsweise vor dem Osterfest beobachtet haben, war, dass die Zahl der Reisenden an Arbeitstagen bei etwa 75.000, manchmal sogar 80.000 Personen pro Tag lag. Es galt für die Ein- und Ausreise. Ein solcher Zustrom an Grenzübergängen führt aber praktisch nicht zu den Warteschlangen.

Wenn wir uns jedoch an die Zahlen aus dem Sommer erinnern, als in beiden Richtungen 120.000 bis 130.000 Personen pro Tag unterwegs waren, dann ist natürlich der Anstieg der Reisendenzahl der Hauptgrund für die Bildung von Warteschlangen. Denn bei dem solchen Zustrom von Personen, die innerhalb eines Tages oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums gleichzeitig die Grenze überqueren wollen, kann die vorhandene Zahl der Grenzübergänge die Bildung von Warteschlangen nicht verhindern.

Die entsprechenden Behörden sowohl der Ukraine als auch der Nachbarländer erhöhen aber die Zahl der Mitarbeiter und gewährleisten einen schnelleren, regelmäßigeren Informationsaustausch und damit die Abfertigung von Menschen und Verkehrsmittel an der Grenze in beide Richtungen.

Wird irgendeine Bewegung von Kriegsgerät, Truppen in Belarus unter dem Deckmantel zukünftiger Militärübungen aufgezeichnet?

Momentan bleibt die Situation an der Grenze zu Belarus unverändert. Die Situation tief ins Gebiet Belarus bleibt ebenso unverändert. Allerdings ist diese Richtung nach wie vor bedrohlich, da Russland dieses Gebiet erneut nutzen kann. Unmittelbar nahe der Grenze sind jetzt keine Angriffsgruppierung, die gebildet wird oder gebildet wurde, andere Einheiten nicht zu verzeichnen. Momentan sind auch keine russischen Einheiten, deren Stärke eine Bedrohung für die Ukraine darstellen könnte, auf dem Territorium Belarus stationiert. Wir passen ständig darauf auf, inwiefern sich die Situation ändern kann, da Belarus leider Russland unterstützt. Man kann eigentlich nicht ausschließen, dass der Feind diese Richtung für irgendwelche Handlungen nicht ausnutzt. Vor allem angesichts der Tatsache, dass sie wieder gemeinsame Übungen ankündigen. Wenn eszu einer Verlegung russischer Einheiten nach Belarus kommt, werden wir natürlich darüber Bescheid wissen.

Wie viele Grenzschützer sind seit Beginn des umfassenden Krieges bereits aus Gefangenschaft zurückgekehrt und wie viele bleiben noch in russischen Gefängnissen?

Beim Gefangenenaustausch, den es seit Beginn des großangelegten Einmarsches gab, ist es gelungen aus Gefangenschaft 462 Grenzschützer zu befreien. Wir arbeiten dabei mit diesbezüglichen Behörden (dem Koordinierungsstab, anderen Behörden, die für Gefangenenaustausch, Freilassung der Ukrainer aus Gefangenschaft zuständig sind) zusammen. Wir stehen mit ihnen immer im Kontakt, stellen notwenige Informationen bezüglich unserer Armeeangehörigen zur Verfügung, über die wir genau wissen, dass sie in Gefangenschaft geraten oder verschollen sind, um nach Möglichkeit Informationen über ihre mögliche Gefangenschaft zu finden. Wir wissen von jedem genau, der sich noch in Gefangenschaft befindet.

Über diejenigen, die verschollen sind, über den Ort, wo sie sich derzeit befinden könnten, ist es leider nicht bekannt. Wir fassen die Informationen zusammen und aktualisieren diese Daten ständig, um die Arbeit an der Bestimmung ihres Aufenthaltsortes fortzusetzen.

Und in der Tat, wenn eine Person in Gefangenschaft ist, tun wir alles in unserer Macht Stehende, damit solche Soldaten so schnell wie möglich aus der Gefangenschaft zurückkehren.

Iryna Koschuchar

Bei dem Zitieren und der Verwendung aller Inhalte im Internet sind für die Suchsysteme offene Links nicht tiefer als der erste Absatz auf „ukrinform.de“ obligatorisch, außerdem ist das Zitieren von übersetzten Texten aus ausländischen Medien nur mit dem Link auf die Webseite „ukrinform.de“ und auf die Webseite des ausländisches Mediums zulässig. Texte mit dem Vermerk „Werbung“ oder mit einem Disclaimer: „Das Material wird gemäß Teil 3 Artikel 9 des Gesetzes der Ukraine „Über Werbung“ Nr. 270/96-WR vom 3. Juli 1996 und dem Gesetz der Ukraine „Über Medien“ Nr. 2849-IX vom 31. März 2023 und auf der Grundlage des Vertrags/der Rechnung veröffentlicht.

© 2015-2025 Ukrinform. Alle Rechte sind geschützt.

Design der Webseite — Studio «Laconica»

erweiterte SucheWeitere Suchkriterien ausblenden
Period:
-