Selenskyj für französische Medien: Territoriale Zugeständnisse an Putin in der Ukraine werden Krieg nach Europa bringen

Die territorialen Zugeständnisse der Ukraine, denen die Ukrainer nicht zustimmen können, werden nur dazu führen, dass Putin die eroberten Gebiete als Aufmarschraum für einen Angriff auf Europa nutzen wird, sollte dieses nicht stark werden.

Solche Meinung äußerte Präsident Selenskyj in einem Interview mit Le Point, berichtet Ukrinform.

„Einige Medien behaupten, dass der Frieden wiederhergestellt wird, wenn ukrainische Soldaten sich aus den östlichen Regionen unseres Landes zurückziehen werden. Das stimmt aber nicht. Putin eroberte die Krim, um sie als Aufmarschgebiet für die Einkreisung des Südens zu nutzen. 2014 nahm er Teile des Ostens unseres Landes ein, um diese Gebiete vollständig zu besetzen. Sollten wir den Donbass morgen irgendwie verlassen, was nicht passieren wird, eröffnen wir Putin einen ungeschützten Raum neben der anderthalb Millionen Einwohner zählenden Stadt Charkiw. Er würde auch das Industriezentrum von Dnipro besetzen. Das würde ihm neue Möglichkeiten eröffnen“, sagte der ukrainische Präsident.

Laut Selenskyj sollten die Europäer in einem anderen Maßstab denken und sich vorstellen, was passieren würde, wenn Putin mit seinem ursprünglichen Plan, die gesamte Ukraine einzunehmen, durchkommen würde.

„Wenn es Putin gelingen würde, unser ganzes Land einzunehmen, würde er es als Aufmarschgebiet nutzen. Ob er das tun wird oder nicht, hängt davon ab, wie stark Europa sein wird. Ist Europa stark, wird er wahrscheinlich nichts unternehmen, ist es doch schwach, wird es unter Russlands Vorgehen leiden“, erklärte er.

Der Präsident erinnerte daran, dass die Entfernung zwischen Moskau und Paris weniger als 3.000 Kilometer beträgt.

„Und die Raketen, die Russland heute gegen die Ukraine einsetzt, haben eine Reichweite von 2.500 Kilometern. Wir selbst haben Raketen mit einer Reichweite von 3.000 Kilometern. Und Krieg fördert die technologische Entwicklung hier, in Europa, aber auch in Russland. Mit einer solchen technologischen Entwicklung kann es keine fernen Kriege mehr geben. Glauben Sie mir, in zwei Jahren werden die Russen, und wir auch, viele Raketen mit einer Reichweite von 5.000 Kilometern haben. Das Meer wird niemanden schützen, der Ozean wird niemanden schützen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Waffen, die Russland heute einsetzt, nicht so sehr von nuklearen Trägersystemen“, erläuterte Selenskyj.

Er erinnerte daran, dass es gerade vom Schicksal der Ukraine abhänge, inwieweit der Krieg Europa betreffen und wo seine Ostgrenze verlaufen werde.

„Wenn die Ukraine nicht standhält, wird diese Grenze Polen oder sogar Deutschland sein. Europa war einst so geteilt. Die Ostgrenze Westdeutschlands war die Grenze der westlichen Welt. Heute hängt alles von uns ab. Wie weit werden wir den russischen Ambitionen freien Lauf lassen?“, fügte er hinzu.