In Ukraine wächst Kriegsangst – deutsche Medien

Die von einem amerikanischen Satelliten aufgenommenen russischen Truppen und Ausrüstung in der westrussischen Stadt Jelnja beunruhigen das Pentagon, die NATO und die Regierungen zwischen Paris und Kyjiw.

Dies geht aus Kommentaren des Medienkonzerns Funke Mediengruppe hervor.

„Zwei Dinge beunruhigen das Pentagon, die Nato und die Regierungen zwischen Paris und Kiew: Soldaten und Ausrüstung wurden erst vor Kurzem dort untergebracht. Und: Der Stützpunkt ist rund 100 Kilometer von der belarussischen und 300 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt“, meldet insbesondere Berliner Morgenpost.

„Die ukrainischen und westlichen Nachrichtendienste haben seit Tagen eine massive Verstärkung der russischen Truppenkonzentration beobachtet“, bestätigt Andrij Melnyk, der Botschafter der Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland.

Ihm zufolge hätten die Russen an der Ostgrenze der Ukraine und in der vorübergehend besetzten Ostukraine rund 114.000 Soldaten und auf der annektierten Halbinsel Krim rund 32.000 Armeeangehörige stationiert. Auch in Belarus seien es wohl mehrere Tausend, so der Botschafter.

Zudem hätten die Russen, so der Diplomat weiter, nach den letzten großen Militärmanövern des Kremls im April und im Herbst schwere Waffen zurückgelassen. Es befinden sich zum Beispiel Artillerie, Panzer, Raketensysteme und Mehrfachraketenwerfer entlang der Ostgrenze der Ukraine.“ Über 30 taktische Bataillonsgruppen seien knapp 250 Kilometer vor der ukrainischen Grenze in ständiger Alarmbereitschaft.

In Kyjiw ist man überzeugt, dass die russischen Manöver nur einen Zweck hatten: „Sie waren darauf ausgerichtet, eine Attacke innerhalb der Ukraine zu trainieren“, zitieren Medien den stellvertretenden Leiter des Büros des Präsidenten für nationale Sicherheit, Roman Maschowez.

Kreml-Chef Wladimir Putin dreht angesichts der Vorwürfe den Spieß um: Die US- und andere Nato-Militärschiffe heizten ihrerseits mit Militärübungen im Schwarzen Meer die Spannungen an.

Laut ukrainischen Medien wachse im Land die Angst vor einem Krieg weiter.  

„Wir befürchten, dass es zu einer Krim-Invasion 2.0 kommen kann“, betont Melnyk. „Noch nie seit 2014, als die Russen die Krim und Teile der Ostukraine mit Waffengewalt besetzt haben, war die Gefahr eines neuen, groß angelegten Einmarsches akuter als dieser Tage. Bei uns herrscht Alarmstufe dreimal Rot“, warnt der Botschafter.

Generalsekretär Jens Stoltenberg gab sich mit Blick auf die „großen und ungewöhnlichen“ russischen Truppenaufmärsche an der ukrainischen Grenze besorgt und rief Moskau auf, „alle weiteren Provokationen oder aggressiven Handlungen“ zu unterlassen.  Zuvor hatte US-Außenminister Antony Blinken Russland vor einem Einmarsch in die Ukraine gewarnt – dies wäre ein „schwerwiegender Fehler“. Die Regierungen in Paris und Berlin äußerten sich ähnlich.

Nach Ansicht der Ukraine stehe Moskau hinter dem aktuellen Flüchtlingsdrama.

„Die inszenierte Migrantenkrise an der Grenze zu Polen ist auch eine Nebelkerze, um die Militäraktivitäten Russlands vor der Ostgrenze der Ukraine und im Donbass zu verschleiern“, ist Melnyk überzeugt. Die Angst vor einer Wiederholung der Flüchtlingskrise von 2015 sollte die Aufmerksamkeit der westlichen Öffentlichkeit ablenken, dass Putin im Osten eine neue Offensive vorbereite.

Die Ukraine hofft nun, dass die neue Bundesregierung eine härtere Gangart einschlägt. Darüber hinaus appelliert der ukrainische Botschafter an die Spitzen der Ampel-Parteien, „harte Signale an Putin“ zu senden, „dass er mit seiner Destabilisierungstaktik und seinen Erpressungsversuchen – seien es Gaslieferungen, Migranten oder Truppenverlegungen – keinen Erfolg hat“.

Das Koalitionsabkommen müsste, ist der Diplomat überzeugt, viel schärfere Sanktionsforderungen wie Embargo von russischen Öl- und Gasimporten beinhalten. Auch Nord Stream 2 als Hauptwaffe des Kremls soll für immer gestoppt werden. Das würde Putin zum Nachdenken bringen, heißt es.

nj