Heiko Maas, deutscher Bundesaußenminister

Die Ukraine gehört unseren großen Nachbarn und Freunden in Europa

Heiko Maas leitet das deutsche Auswärtige Amt seit dem 14. März 2018, aber in der Regierung von Angela Merkel ist er kein Neuling: von 2013 bis 2018 arbeitete er als Justizminister und galt als einer der Politiker, denen man in der deutschen Gesellschaft am meisten vertraut.

Vom 31. Mai bis 01. Juni wird sich Heiko Maas zu seinem ersten Staatsbesuch in der Ukraine aufhalten. In Kiew wird er politische Gespräche mit seinem ukrainischen Amtskollegen Pawlo Klimkin führen. Am Freitag besucht Herr Maas Mariupol, wo er sich mit den Mitgliedern der Sonderbeobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) treffen und mit eigenen Augen die Lage im Osten der Ukraine beurteilen wird. Im Mittelpunkt der Gespräche werden die Situation im Donbass und der Verlauf der Reformen in der Ukraine stehen, die Berlin stark unterstützt.

Am Vorabend seines Besuchs in Kiew hat der Chef der deutschen Diplomatie die Fragen der Korrespondentin von Ukrinform beantwortet.

Herr Minister, Sie gehen mit Ihrem ersten Besuch nach Ukraine. Welche Ziele setzen Sie im Zuge dieser Reise?

Die Ukraine gehört unseren großen Nachbarn und Freunden in Europa. Dieses Land hat eine reiche Kultur und Geschichte, faszinierende junge Autoren, eine lebhafte Zivilgesellschaft und großes wirtschaftliches Potential. Es war mir deshalb ein Anliegen, die Ukraine persönlich kennen zu lernen. Ein zentrales Thema meines Besuchs wird die Lage in der Ost-Ukraine sein. Ich will sehen, welche Folgen der Konflikt für das Leben der Menschen hat. Deswegen fahre ich auch nach Mariupol. Klar ist: Wir brauchen endlich einen funktionierenden Waffenstillstand und Fortschritte im Minsker Prozess. Ein weiteres wichtiges Thema meines Besuchs wird der Reformprozess sein, wo die Ukraine schon einiges geleistet hat und jetzt weiter am Ball bleiben muss. Auf Deutschland kann das Land dabei weiter zählen. Wir stehen solidarisch an der Seite der Menschen in der Ukraine.

Sie haben vor einige Tagen mit dem Russischen Ministern Herrn Lawrow getroffen. Ihrer Gefühlen nach, ändern sich die Stimmung in der Russischen Politik bezüglich der Bereitschaft wirklich nach Lösungen für den Konflikt zu suchen, das verlorenen Vertrauens zu wiederherstellen?

Entscheidend ist, dass wir Ergebnisse sehen. Das habe ich auch bei meinen Gesprächen in Moskau klar gemacht. Dem Konflikt im Donbass sind schon mehr als 10.000 Menschen zum Opfer gefallen. Seit Jahren müssen die Menschen dort mit Gewehrfeuer leben, in zerstörten Häusern und Straßen, umgeben von schwersten Kriegswaffen. Hinzu kommt eine katastrophale humanitäre Lage. Und was wir nicht vergessen dürfen: Dieser Konflikt bleibt auch für die Stabilität über die Region hinaus gefährlich. Deshalb brauchen wir endlich substantielle und sichtbare Fortschritte beim Minsker Prozess. Und dazu brauchen wir die Mitwirkung Russlands.

Es ist bekannt, dass der Ukrainische Präsident Petro Poroschenko die Frage über die Stationierung der UN-Mission auf der Donbass noch vor 3 Jahren gestellt hat, und der russische Präsident sprach darüber im Herbst des vergangenen Jahres. Allerdings ist es nur nach der «Initiative Putins» dass alle diese Möglichkeit aktiv zu diskutieren begonnen haben. Was denken Sie über die Perspektiven der Platzierung einer solchen Mission «Blauhelme»?

Der Minsker Prozess läuft jetzt seit fast vier Jahren. Er bleibt der Fahrplan für eine Lösung diesen Konflikt. Aber bis heute haben wir keinen anhaltenden Waffenstillstand. Eine Mission der Vereinten Nationen kann eine Chance sein, um den Waffenstillstand zu sichern  und wieder neuen Schub in den politischen Prozess zu bekommen. Das setzt aber voraus, dass die Mission sinnvoll gestaltet ist, dass sie handlungsfähig ist und nicht den Status Quo zementiert. Wir sollten diese Chance ergreifen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Sanktionen. In Deutschland wird jetzt schon fast nicht gesagt über die vollständige Erfüllung der Minsker Vereinbarungen als die Bedingung, man spricht über die schrittweisen Aufhebung der restriktiven Maßnahmen ...

Sanktionen sind kein Selbstzweck. Sie hatten einen klaren Auslöser – nämlich die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und das Vorgehen Russlands in der Ost-Ukraine. Und sie haben eine klare Zielsetzung, nämlich Russlands Verhalten zu verändern. Es gibt eindeutige Vereinbarungen, die vorsehen, dass Sanktionen erst abgebaut werden, wenn Russland seine Verpflichtungen erfüllt. Daran werden wir uns halten.