Tim Arsenault, Kommandeur der kanadischen Militärtrainingsmission in der Ukraine

11.05.2016 15:11

Kanadier können Einiges von den Ukrainern lernen

Ukrinform hatte eine exklusive Möglichkeit, den Leiter der Operation UNIFIER, Kommandeur der kanadischen Militärtrainingsmission in der Ukraine, Oberstleutnant, Tim Arsenault, zu interviewen.

- Die kanadische Trainingsmission hat bereits eine Rotation in der Ukraine durchgeführt. Sind die Änderungen an dem Trainingskurs seit der Abreise der vorherigen Gruppe von Ausbildern vorgenommen worden?

- Natürlich passen wir den Unterricht an die Bedürfnisse der ukrainischen Partner an. Im Vergleich damit, wie unser Programm früher aufgebaut war, ist es jetzt natürlich mehr entwickelt. Wir stehen in Kontakt mit den ukrainischen Soldaten, die hier ausgebildet wurden, damit sie uns über die erworbenen Kenntnisse erzählen und wir den Unterricht an ihre Bedürfnisse anpassen können.

- Bekommen Sie Feedback über den Nutzen von dem hier erworbenen Wissen auf dem echten Schlachtfeld?

- Ja. Wir sind jetzt dabei, den zweiten Trainingsblock abzuschließen, und vor ein paar Wochen hatten wir die Gelegenheit, uns mit den Absolventen des ersten zu treffen. Sie haben uns viel über den Unterricht und seinen Nutzen im Kampf erzählt. Es war ein interessantes Gespräch, das uns geholfen hat, das Programm zu erneuern.

- Unterscheidet sich die Trainingsmission in der Ukraine von den ähnlichen kanadischen Missionen in anderen Ländern?

- Diese Mission ist etwas anders. Zum Beispiel, als wir die militärische Ausbildung in Afghanistan durchführten, hatten wir von Null an angefangen, denn die lokalen Streitkräfte wurden neu gebildet, von ehemaligen Zivilisten. Ukrainische Soldaten sind erfahren, viele von ihnen waren in den Kämpfen, oft unterscheidet sich ihre Erfahrung sehr von unserer. Deshalb ist unsere Mission gegenseitig vorteilhaft. Wir versuchen, den Ukrainern zu zeigen, wie man ihre Arbeit anders machen kann, wir bieten verschiedene Varianten an, um die Meisterschaft zu steigern. Gleichzeitig sind wir selbst offen für den Erwerb neuer Kenntnisse von ihnen.

- Sie bringen den ukrainischen Soldaten bei, geschickt eigene Waffen zu verwenden, aber wie gelingt es Ihnen, die kanadische westliche Taktik und die ukrainische, hauptsächlich sowjetische, Ausrüstung zu kombinieren?

- Die Ausrüstung ist kein bestimmender Faktor, wenn es um die Kompatibilität in der Arbeit geht. Kanada hat viele Verbündeten, die verschiedene Arten von Ausrüstung verwenden, die wir noch lange nicht alle verwenden. Was wirklich zählt, ist die Fähigkeit, zu diskutieren und gemeinsam zu planen. Diese wichtigen Aspekte sind jedoch mit der Ausrüstung nicht verbunden. Deshalb stellen die Unterschiede keine Probleme dar.

- Haben Sie bereits eigene Meinung über das ukrainische Militär gebildet?

- Gleich nach Ankunft in der Ukraine bemerkte ich, dass eure Kultur unserer sehr ähnlich ist, wir teilen die gleichen Werte. Am meisten haben mich der starke Patriotismus und die Professionalität des ukrainischen Militärs beeindruckt, mit dem wir die Gelegenheit hatten, zu arbeiten. Die Soldaten haben bereits ein hohes professionelles Niveau und wollen noch besser werden! Darüber hinaus sind sie stolz auf den Dienst und schätzen wirklich unsere Ausbildung. In der kurzen Zeit, die wir für den Unterricht verwendet haben, haben die Ukrainer schnell beträchtliche Fortschritte erreicht.

- Was sind die Stärken der ukrainischen Soldaten?

- Vor allem körperliche Entwicklung und die moralische Stimmung. Den jungen Ukrainern sind die Führungsfähigkeiten und das große Potenzial eigen. Und auf dieser Grundlage versuchen wir, unsere Arbeit aufzubauen.

- Haben Sie in eurem Team Menschen ukrainischer Herkunft? Empfinden sie etwas Besonderes bei der Erfüllung ihrer Mission?

- Ja, wir haben mehrere Nachkommen der Ukrainer. Ihre Kenntnisse der ukrainischen Sprache helfen sehr, ich bin froh, dass diese Menschen in unserem Team sind. Sie geben auch Ratschläge über kulturelle Themen, zum Beispiel erklären sie den Unterschied zwischen der Feier von Weihnachten und Ostern in der Ukraine und in Kanada, und vieles mehr.

- In Starytschi (Dorf in der Region Lwiw) und Kamjanez-Podilskyj (eine Stadt in Podolien mit 93.300 Einwohnern (2004) in der Region Chmelnyzkyj der Westukraine) sind mehr als 200 kanadische Soldaten. Ist es genug für die Erfüllung der gestellten Aufgaben?

- Genug, da sogar mit wenigen Kräften können wir viel tun. Als gutes Beispiel dient unser Training am ersten Tag, als nur fünf Kanadier 250 ukrainische Soldaten unterrichteten. Im Allgemeinen sind wir sogar mit einer kleinen Anzahl von Personal in der Lage, einen effektiven Ausbildungsprozess und das Training zu gewährleisten.

- Bilden Sie nur das Personal aus oder geben Sie Ratschläge bezüglich der Reform der Streitkräfte?

- Wir beraten, aber nur auf taktischer Ebene. Hier, in Starytschi haben wir uns über die Verbesserung dieses Ausbildungszentrums geäußert. Jetzt gibt es in unserem Team keine Berater, die sich mit der institutionellen Entwicklung auf strategischer oder staatlicher Ebene beschäftigen. Alle unsere Ratschläge geben wir an Offiziere weiter, mit denen wir täglich arbeiten.