Małgorzata Gosiewska

05.04.2016 13:00

Westen muss wissen über Verbrechen Russlands im Donbass

Im Europäischen Parlament findet die Präsentation des Berichts über Kriegsverbrechen Russlands im Osten der Ukraine und über Mythen statt, dass im Donbass gegen die Ukrainer lediglich lokale Separatisten kämpfen. Über das Ziel der Veröffentlichung dieses Berichts erzählte Małgorzata Gosiewska, Mitglied des Sejms und stellvertretende Vorsitzende der Kommission in der unteren Kammer des polnischen Parlaments für auswärtige Angelegenheiten, im Interview mit dem Ukrinform-Korrespondenten.

- Polnische Medien berichteten kürzlich darüber, dass Sie am 5. April den Bericht über Verbrechen der russischen Armee im Donbass beim Gerichtshof in Den Haag einreichen...

- Hier gibt es einen kleinen Fehler. Am 5. April findet im Rahmen der Konferenz im Europäischen Parlament eine breite Präsentation des Berichts für die Mitglieder des EU-Parlaments, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen, Journalisten, Funktionäre im Bereich der Menschenrechte statt. Die Hauptorganisatorin dieser Präsentation ist Anna Fotyga von der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), die in der Fraktion der europäischen Konservativen und Reformisten ist.

- Wird dieser Bericht nur den Zeitraum von 2014 umfassen, oder vielleicht einen längeren Zeitraum?

- Der Bericht, den man bereits im Internet finden kann, beinhaltet die Ereignisse ausschließlich des Jahres 2014. Nach dieser Präsentation werden die Dokumente zu einem nächstmöglichen Termin in Den Haag eingereicht werden. Dafür ist praktisch alles bereits bereit, man muss nur noch physisch die Dokumente einreichen. Natürlich könnte man den Bericht per Post schicken, aber wir wollen das persönlich tun. Es wird in der zweiten Aprilhälfte geschehen.

- Welche Ergebnisse erwarten Sie von der Bekanntgabe dieses Berichts in Brüssel?

- Wir wollen bei Journalisten, Politikern sowie bei der Gesellschaft der westeuropäischen Länder das Interesse für das Thema Ukraine erwecken, und dafür, was im Osten der Ukraine geschieht. Es geht vor allem um die Rolle der Russischen Föderation in diesem Konflikt. Das Thema der besetzten Krim ist derzeit sehr ungünstig für viele europäische Politiker. Ein Teil von ihnen sagt offen, dass man über die Aufhebung der Sanktionen gegen die Russische Föderation nachdenken sollte. Die Position Polens ist eine andere, und sie ist auf verschiedenen Ebenen vertreten. Wir sind der Meinung, dass solange Russland Donbass nicht verlässt und mit der Besetzung der Krim nicht aufhört, können wir über die normalen Beziehungen zu diesem Land nicht reden, und es gibt vor allem keinen Grund, über die Aufhebung von Sanktionen zu sprechen. Unsere Position besteht darin, davon die anderen Länder zu überzeugen, besonders diejenigen, die am meisten in der EU geachtet werden.

Dieser Bericht ist ein sehr wichtiges Argument. Erstens, er zeigt, welche Art von Kriegsverbrechen im Donbass begangen wird, wie schrecklich sie sind. Zweitens, er gibt an, wer hinter diesen Verbrechen steht. Im Dokument betonen wir, dass das nicht irgendwelche wilden, nicht kontrollierten Banden sind, die durch Donbass sausen, einfach irgendwelche Separatisten... In diesem Bericht zeigen wir, dass der Hauptschuldige in der bestehenden Situation Russland ist, und die Personen, die direkt für die Kriegsverbrechen verantwortlich sind, sind Vertreter der Russischen Föderation. Das zeigen wir dank den Aussagen der Opfer. Bei Den Haag werden wir die Beweise für die Verbrechen gegen die Täter dieser Verbrechen mit den Hinweisen darauf einreichen, dass in vielen Fällen an ihnen die Vertreter der russischen Geheimdienste beteiligt sind.

- Sind diese Beweise genügend, um den Westen zu überzeugen, dass man die Wirtschaftssanktionen gegen Russland im Sommer verlängern muss, anstatt sie aufzuheben?

- Beim Nachdenken über die Wirksamkeit unseres Vorgehens kommen wir manchmal in Erinnerungen auf die Geschichte zurück: Massaker von Katyn oder deutsche Konzentrationslager, und die Tatsachen, dass diese Informationen an den Westen weitergegeben wurden. Jan Karski (polnischer Zeuge des Holocaust, der den Westen über die Verbrechen der Nazis informierte – Red.) ist persönlich nach Westen gereist und hat die Informationen weitergegeben. Damals wollte man im Westen davon nichts hören, man wollte nicht zur Kenntnis nehmen, oder irgendwie entgegenwirken, obwohl man dagegen etwas tun konnte. Jetzt kann es auch ähnlich aussehen. Aber die europäischen Politiker, die die Schlüsselentscheidungen treffen, werden nach der Bekanntgabe eines solchen Berichts nie sagen können, dass sie nicht wussten, war da los ist. Je mehr wir über diese Verbrechen reden werden, je breiter wir diesen Bericht zeigen werden, desto schwieriger es für Politiker wird, die Augen darauf zuzudrücken. Je mehr sich die Zivilgesellschaften europäischer Länder dafür interessieren werden, desto mehr Druck auf Politiker und deren Entscheidungen ausgeübt wird.

- Wird die Präsentation des Berichts über Russlands Verbrechen im Donbass noch woanders geplant, außer dem Europäischen Parlament?

- Ja. Außer der Diskussion über diesen Bericht in Brüssel planen wir eine Reihe von Präsentationen auch in den nationalen Parlamenten anderer Länder. Es handelt sich um die baltischen Staaten, Tschechien, die Slowakei etc. Wir wollen, dass die Präsentationen solcher Art auch in den Ländern Westeuropas stattfinden. Wie ich schon sagte: es wird schwieriger danach, die Augen auf die Fakten zuzudrücken.

Das Gespräch führte Jurij Banachewitsch, Warschau