Erin O'Tool, Vorsitzender der Konservativen Partei Kanadas und der offiziellen parlamentarischen Opposition
Es ist wichtig, weiterhin eine harte Haltung gegenüber Russland zu vertreten
03.12.2020 14:19

Ende August wurde der 47-jährige Erin O’Tool zum neuen Vorsitzenden der Konservativen Partei Kanadas gewählt. Da seine Partei die zweitgrößte Anzahl an Abgeordneten im Bundesparlament hatte, wurde er auch offizieller Oppositionsführer und einer der beiden wichtigsten Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten bei den bevorstehenden Wahlen.

Ukrinform sprach mit O’Tool über die Ukraine, Russland, Sanktionen, das Visa-Regime und andere Aspekte der ukrainisch-kanadischen Beziehungen.

WIR UNTERSTÜTZTEN BEREITSTELLUNG VON TÖDLICHEN WAFFEN FÜR DIE UKRAINE

In den letzten Jahren war die Ukraine nicht unter den Prioritäten der kanadischen internationalen Hilfe. Angesichts der Herausforderungen, die sich der modernen Ukraine stellen, soll Kanada mehr Aufmerksamkeit auf unser Land lenken?

Natürlich! Aus Sicht der Konservativen Partei ist die Ukraine ein wichtiger Verbündeter Kanadas.

Leider ist hohes Niveau der Wechselwirkung in der Russland-Frage während Trudeaus Amtszeit zurückgegangen. Für meine konservative Regierung wird die Ukraine mit Sicherheit Priorität haben.

Im Jahr 2017 wurde die Ukraine in die Liste der Länder eingetragen, die mit automatischen Waffen beliefert werden dürfen. Dieser Schritt öffnete offiziell die Türen für Waffenhandel zwischen unseren Ländern. Doch anders als die USA hat Kanada der Ukraine bisher keine Hilfe in Bezug auf tödliche Waffen gewährt. Stimmen Sie dieser Regierungspolitik zu?

Eben wir haben sich  für die Aufnahme der Ukraine in die Liste eingesetzt. Die Bereitstellung nichtletaler Militärhilfe an die Ukraine begann während der früheren konservativen Regierung von Stephen Harper (Kanadas Premierminister 2006-2015 – Aut.). Unsere Absicht war es, Kanadiern zu zeigen, dass militärische Ausrüstung und Hilfe genau dorthin geliefert wurden, wo sie gebraucht wurden – im Donbass. Danach könnten wir von Verteidigung und nichtletaler Hilfe zu gewisser strategischer letaler übergehen. Dies ist nun möglich, aber leider hat die aktuelle Regierung den Fortschritt beendet, wie viele andere Aspekte, die mit der Ukraine zusammenhängen. Wir müssen konsequent sein. Wir waren der Ansicht, dass dies (die Gewährung von tödlicher Hilfe an die Ukraine – Aut.) notwendig ist und man sollte diesen Ansatz beibehalten.

Lassen Sie uns nun zu den zivilen Angelegenheiten. Das Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der Ukraine ist seit drei Jahren in Kraft und wird derzeit revidiert. Soll das Abkommen auf Dienstleistungen und Investitionen ausgeweitet werden, wie es die Ukraine will?

Dies wäre ein natürlicher nächster Schritt, Evolution des Abkommens. Die Notwendigkeit einer Ausweitung gibt es, da die Exporte von Dienstleistungen aus Kanada den Warenverkauf übersteigen. Wenn die Ukraine Wachstum und Entwicklung zeigt, gibt es viele Möglichkeiten, den Markt für unsere Dienstleistungen zu erweitern: Banken- und Versicherungssektor, Beratungsbereich, etc. Im Gegenzug kann Kanada ausländische Direktinvestitionen bereitstellen, um wirtschaftlichen Austausch zu erleichtern. Kanada hat Glück, dass wir eine aktive ukrainische Gemeinde haben, die in der Lage ist, ausländische Direktinvestitionen und Handelsmöglichkeiten zu bündeln. Ich höre ständig von ukrainischen Kreditverbänden und sonstigen Unternehmen, dass erweiterte Handelsmöglichkeiten sehr nützlich wären.

Unterstützen Sie die Liberalisierung des Visa-Regimes zwischen Kanada und der Ukraine?

Wir prüfen die Frage der Vereinfachung und Beseitigung von Barrieren, wenn wir an die Macht kommen. Natürlich hat die Pandemie Reisekonzepte verändert. Kanada muss nun den durch Covid-19 und andere Faktoren verursachten Rückstand bei der Prüfung von Migrationsanträgen beheben. Schließlich ist es unser Ziel, Anforderungen für temporäre Visa aufzuheben.

SANKTIONEN GEGEN DEN KREML MÜSSEN VERSCHÄRFT WERDEN

Sprechen Sie jetzt über unseren Nachbar - Russland. Sind Sie besorgt über militärische Aktivitäten Russlands in der Arktis?

Ja, und ich rede schon lange darüber. Abgesehen von Investitionen, die in der Harpers Amtszeit bereitgestellt wurden, hat Kanada in den letzten vier Jahren nichts in der Arktis getan. Diese Frage muss ernst genommen werden, insbesondere im Bereich Sicherheit und Infrastruktur.

Seit der letzten Erweiterung der Sanktionen gegen Russland wegen seiner feindlichen Aktionen in der Ukraine hat Moskau keinen Handgriff getan, um die Gewalt in der Ostukraine zu stoppen. Soll Kanada die Sanktionen gegen Russland angesichts der ständigen  Nichteinhaltung des Völkerrechts seitens des Kremls verschärfen?

Ja, es lohnt sich zu tun. Es ist bekannt, dass Akte Magnitski (das Kanada erlaubt, Menschenrechtsverletzer auf der ganzen Welt mit Sanktionen zu belegen) – das ist die Arbeit der Konservativen. Zunächst widersetzte sich die liberale Regierung, dann änderte sie ihre Haltung und wendete die Akte an, aber knapp. Dieses Mittel soll Druck erzeugen und es soll öfter verwendet werden. Man muss seine Aktivitäten mit Verbündeten koordinieren, um die wichtigsten russischen Beamten, die direkt an den Ereignissen auf der Krim und im Donbass beteiligt sind, so weit wie möglich unter Druck zu setzen.

RUSSLAND - EINE DER WICHTIGSTEN NEGATIVEN PERSÖNLICHKEITEN IN DER WELT

Wenn Sie Premierminister wären, würden Sie Russland zu G7 einladen?

Natürlich nicht. Die internationale Politik braucht eine Neuausrichtung des Gleichgewichts. Kanada und andere liberale Demokratien, die sich an Regeln zur Förderung von Sicherheit, Frieden und des freien Handels halten, sollen aufhören, schlechten Parteien eine Mitgliedschaft in internationalen Organisationen wie der WTO und der G7 zu ermöglichen, solange diese Parteien das Völkerrecht und die Souveränität ihrer Nachbarn verletzen. Es ist wichtig, weiterhin eine harte Haltung gegenüber Russland zu vertreten.

Die russische staatliche Propaganda wird frei in Kanada durch RT und andere Medien verbreitet. Fühlen sich Kanadier Ihres Erachtens dadurch bedroht?

Ja, unsere Aufsichtsbehörden und die Regierung sollen sehr aufmerksam dies nehmen. Letzte Woche haben die Konservativen den Beschluss über chinesische Einmischung und Einfluss auf unserem Territorium im Parlament durchgesetzt. Wir müssen auch russische Operationen des Einflusses anerkennen. Sie nutzen nicht nur Ressourcen wie RT, sondern führen auch Online-Kampagnen durch, unter anderem durch Subjektivierung, Einschüchterung und Verfolgung. Wir müssen unseren Geheimdiensten Mittel zur Verfügung stellen, das zu beenden.

Bedeutet dies, dass Russland die Souveränität und territoriale Integrität Kanadas bedroht?

Ja, es ist sehr beunruhigend, wie Herr Putin offen gegen das Völkerrecht, die Menschenrechte, territoriale Integrität der Nachbarstaaten verletzt, Cyber-Angriffe organisiert und dergleichen. Russland ist heute eine der führenden negativen Persönlichkeiten in der Welt. Wir müssen die Möglichkeiten der Diplomatie nutzen, um dieses Verhalten zu isolieren und darauf hinzuweisen - insbesondere gegen wichtige Verbündete wie die Ukraine.

Maxim Nalywaiko, Ottawa

Foto: The Canadian Press, The Star

nj

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