Olexander Chartschenko, Generaldirektor von Ukrinform
Nachrichtenagentur in der Corona-Krise - rotes Licht gegen Panik und Fake
29.07.2020 12:54

Die Ukrainische Nationale Nachrichtenagentur Ukrinform vertritt die Ukraine in der Europäischen Allianz der Nachrichtenagenturen (EANA), die mehr als 30 Jahre lang die führenden Nachrichtenagenturen der Länder Europas mit über 750 Millionen Bevölkerung vereint. Die Corona-Krise erhöhte um ein Vielfaches die Nachfrage der Gesellschaften nach geprüften und objektiven Informationen bezüglich Covid-19. Über erste Lehren aus der Pandemie für die Arbeit im Nachrichtenbereich lesen Sie im übersetzten Interview des Generaldirektors Ukrinform mit dem Generalsekretär der Europäischen Allianz, Alexandru Giboi, das auf der Website der Allianz verbreitet wurde (...)

Wie haben Sie die Corona-Krise als Chef von Ukrinform überlebt? Wie waren die Hauptherausforderungen?

Werden die Herausforderungen in eine Reihenfolge gebracht, so war die erste für mich, wie auch für die meisten meiner Kollegen aus anderen Ländern, eine operative Neugestaltung der Remote-Arbeit unter strengen Quarantänebeschränkungen. Dies ist sowohl eine technische Komponente (Arbeitsplätze zu Hause und optimalen Tagesdienst im Büro prompt sicherzustellen) als auch eine Änderung des Managements (von Live-Meetings und Kundenkommunikation zu Online-Formen zu übergehen) sowie sensible psychologische Fragen für jeden Leiter, ob Menschen im Home-Office mit weniger Verantwortung als im Büro arbeiten werden. Dieser Umbau wurde ziemlich schnell geklärt.

Die zweite langfristige Herausforderung war die kommerzielle. In unserem Fall hatte die Quarantäne bisher erhebliche finanzielle Auswirkungen auf unsere Pressezentren. Ukrinform verfügt über drei voll ausgestattete Räume für Online-Übertragung in Kyjiw. Es ist physisch unmöglich gewesen, Pressekonferenzen abzuhalten. Und der gesamte Betrieb wurde so schnell wie möglich auf Online-Veranstaltungen umgestellt. Diese Situation können wir erst zum Ende des Geschäftsjahres genauer bewerten.

Während die ersten beiden Herausforderungen taktisch sind, ist die dritte strategisch.Die Corona-Krise hat uns ein neues Verständnis dafür gegeben, woran man sparen und zugleich worin man unbedingt investieren kann. Für uns ist das noch mehr Mobilität, Erhöhung von Volumen und bessere Videoinhalte.

Viele Agenturen berichteten über ihre zunehmende Rolle in ihrem nationalen Medienraum. Welche Positionen hat Ukrinform jetzt in der Ukraine?

Ukrinform bleibt Vorreiter auf dem ukrainischen Informationsmarkt bezüglich der Einhaltung journalistischer Standards. Dies geht aus der Überwachung der Berichte der wichtigsten ukrainischen Massenmedien, die eine der ukrainischen Medien-Nichtregierungsorganisation in den letzten drei Jahren regelmäßig professionell durchgeführt.

Unter den ukrainischen Medien hat Ukrinform das größte Netzwerk von regionalen und ausländischen Außenstellen und produziert seine Nachrichten in acht Sprachen: Ukrainisch, Russisch, Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Japanisch, Polnisch.

Zu Beginn der Pandemie hat sich die Besucherzahl der Website von Ukrinform drastisch fast vervierfacht. Durch keine Werbekampagne oder Optimierung wären wir in der Lage, diese Ergebnisse so schnell zu erzielen. Die Glaubwürdigkeit ist von Bedeutung! So konnte der Content-Anteil in Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise in vielen anderen Nachrichtenagenturen anfangs fast 90 Prozent der gesamten Nachrichtenproduktion betragen. Diese Zahlen sind derzeit bereits gesunken, aber sie sind immer noch größer als vor der Quarantäne.

Können Sie irgendeine ständige Veränderung der Arbeitsweise voraussehen, wie Ukrinform in der Zeit nach der Pandemie funktioniert?

Absolut. Was die Arbeit der Mitarbeiter betrifft, wird es kein allgemeines Herangehen geben, sondern wird es flexibel sein. Jede Abteilung von Ukrinform hat ihre eigene Spezifik. Wir haben die Berichte der Führungskräfte über die Fernarbeit analysiert. Alles, was effektiv funktioniert hat, lassen wir. Außerdem aktualisieren wir unsere Entwicklungsstrategie im Einklang mit den Lehren. Die Änderung wird vor allem die Prozesssicherung und neue Einnahmequellen betreffen.

Welche drei Top-Rollen spielt die Nachrichtenagentur Ihrer Meinung nach während der Krise?

Es ist rotes Licht für die Verbreitung von Panik und Fake und langes grünes, um die umfassendsten zuverlässigen Informationen über alles zu liefern, wodurch die Gesellschaft wegen dieser Krise aufgeregt ist, über Erfahrungen weltweit und positive Geschichten.

Wie sehen Sie die Zukunft der Medien in der Ukraine und auf der Welt? Wird die Bedeutung von Nachrichtenagenturen weiter zunehmen oder umgekehrt?

Wenn es um die Zukunft nach der Corona-Krise geht, würde ich derzeit die Auswirkung eben dieser Herausforderung bezüglich der Ukraine nicht übertreiben. Die meisten Medien in der Ukraine haben sich an sie als eine neue Realität angepasst. Die wichtigste Lehre ist, dass wir jederzeit bereit sein müssen, auf jede große Krise, die niemand vorhergesagt hat, mobil zu reagieren.

Ob die Bedeutung der Nachrichtenagenturen auch weiterhin erhöhen wird, hängt von ihnen selbst ab. Wer zu schnellen Veränderungen nicht bereit ist, kann auf seinen Erfolg nicht rechnen.

In den Nachrichtenagenturen müssen nicht nur die Menschen sein, die momentan erfolgreich sind, und Funktionen erfüllen, die heute vom Informationsmarkt und der Gesellschaft gefragt sind, sondern auch diejenigen, die mobil reagieren können (eine Art Eingreiftruppen wie in der NATO) und diejenigen, die ein paar Schritte voraus sind - sie als die ersten überwachen und bewerten  Veränderungen, neue Trends, die jetzt nicht nur aus dem Medien- und Technologiebereich kommen, sondern auch aus Krisen auf nationaler und weltweiter Ebene.

Das heißt, Nachrichtenagenturen, die in der Lage sind, Nachrichten prompt zu veröffentlichen, müssen noch fähig sein, komplizierte Management- und Organisationsentscheidungen gemäß den neuen Umständen schnell zu treffen bzw. zu revidieren.

nj

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